In der Hoffnung mit einen neuen rentenpolitischen Instrument den Fachkräftemangel zu mildern und ältere Erwerbstätige länger im Arbeitsleben zu halten, hat die Bundesregierung die sogenannte Aktivrente beschlossen, welche ab dem 1. Januar 2026 in Kraft treten soll. Sie soll es Rentnern künftig ermöglichen über die gesetzliche Regelaltersgrenze hinaus weiterzuarbeiten und bis zu 2.000 Euro monatlich steuerfrei hinzuzuverdienen.
Die Aktivrente soll damit einen finanziellen Anreiz für ältere Menschen schaffen ihre Berufstätigkeit fortzusetzen oder wieder aufzunehmen. Konkret sieht das Gesetz vor, dass Einkommen aus sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung bis zu einer Grenze von 2.000 Euro im Monat steuerfrei bleibt. Diese Freistellung gilt zusätzlich zum regulären Grundfreibetrag. Die Regelung greift jedoch ausschließlich für abhängig Beschäftigte – Selbstständige, Freiberufler und Beamte sind folglich ausgeschlossen. Ebenso ausgeschlossen sind Personen, die vorzeitig in Rente gehen und dann weiterarbeiten. Die Maßnahme richtet sich also gezielt an Personen, die bereits die Regelaltersgrenze erreicht haben und dennoch weiterarbeiten. Nach Regierungsangaben könnten ca.168.000 Personen von der Regelung profitieren.
Die Aktivrente soll zwei zentrale Ziele erreichen: Einerseits soll das Erwerbspotenzial älterer Menschen stärker genutzt und andererseits ihr Beitrag zum Arbeitsmarkt sichtbarer gemacht werden. Erfahrung und Fachwissen sollen länger in den Betrieben gehalten werden, während zugleich neue steuerliche Spielräume geschaffen werden, um Arbeit im Alter attraktiver zu machen. Denn viele ältere Arbeitnehmer sind durchaus bereit länger zu arbeiten, wenn sich der finanzielle Aufwand lohnt und das Arbeitsumfeld altersgerecht gestaltet ist.
Das Institut der deutschen Wirtschaft bewertet die Aktivrente kritisch. Es prognostiziert erhebliche Mitnahmeeffekte und Steuermindereinnahmen von bis zu 2,8 Milliarden Euro. Der Grund: Viele derjenigen, die von der Aktivrente profitieren würden, sind bereits heute über der Altersgrenze berufstätig. In der Folge sinken also die staatlichen Einnahmen, die Zahl der tatsächlich zusätzlich arbeitenden Personen wird aber nicht deutlich erhöht. Selbst wenn nur die Angestellten berücksichtigt werden, die unter die neue Regelung fallen, rechnet das IW noch mit Kosten von rund 1,4 Milliarden Euro jährlich. [1] Die Regierung selbst rechnet mit einem geringeren Betrag: Laut Berechnungen des Finanzministeriums werden dem Staat durch die Aktivrente rund 900 Millionen Euro an Steuereinnahmen entgehen.
Die Anreizwirkung dürfte sich vor allem auf jene beschränken, die ohnehin in stabilen Arbeitsverhältnissen stehen. So wird die Aktivrente z.B. Arbeitnehmer in der Serviceindustrie wahrscheinlich nicht zum Weiterarbeiten motivieren können. Denn für Beschäftigte mit körperlich anstrengenden Tätigkeiten, geringem Einkommen oder gesundheitlichen Einschränkungen bietet die Aktivrente kaum Anreize.
Die Aktivrente erscheint daher als ein Steuergeschenk an privilegierte Senioren in selektiven Berufen. Und das, obwohl finanzielle Anreize für diese Personengruppe ohnehin kaum entscheidend sind: Die Mehrheit der über 65-Jährigen, die weiterhin arbeitet, nennt Freude an der Tätigkeit, soziale Kontakte oder den Erhalt geistiger Aktivität als Hauptmotive – nicht steuerliche Vorteile. [2]
Die Ausgestaltung der Aktivrente birgt zudem mögliche verfassungsrechtliche Probleme. So werden Selbstständige und Beamte von der Steuerbefreiung ausgeschlossen, obwohl sie in ähnlicher Weise über die Altersgrenze hinaus tätig sein können. Inwieweit die Regelung ausschließlich für Einkommen aus abhängiger Beschäftigung ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz ist, werden in naher Zukunft wahrscheinlich die Gerichte klären müssen.
Es bleibt offen, ob die Maßnahme tatsächlich geeignet ist, eine nennenswerte Anzahl von Menschen länger im Berufsleben zu halten. Ob die Aktivrente ihr Ziel erreicht, hängt letztlich von ihrer praktischen Umsetzung und von flankierenden Maßnahmen ab. Entscheidend wird sein, ob Unternehmen bereit sind, altersgerechte Arbeitsbedingungen zu schaffen, und ob der Staat die steuerliche Mehrbelastung langfristig finanzieren kann.
Aktuell erscheint de Aktivrente als ein weiteres teures Symbolprojekt mit begrenzter Wirkung, das die Staatskasse belastet, ohne den Fachkräftemangel spürbar zu lindern.
Stand: Oktober 2025
[1] https://www.iwkoeln.de/presse/iw-nachrichten/jochen-pimpertz-oliver-stettes-enorme-kosten-bei-zweifelhaftem-nutzen.html
[2] https://www.iwkoeln.de/studien/andrea-hammermann-ruth-maria-schueler-oliver-stettes-wer-will-im-rentenalter-arbeiten.html
Tags: Rentner ältere Arbeitnehmer Fachkräfte Steuern Sozialabgaben
Die Aktivrente soll damit einen finanziellen Anreiz für ältere Menschen schaffen ihre Berufstätigkeit fortzusetzen oder wieder aufzunehmen. Konkret sieht das Gesetz vor, dass Einkommen aus sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung bis zu einer Grenze von 2.000 Euro im Monat steuerfrei bleibt. Diese Freistellung gilt zusätzlich zum regulären Grundfreibetrag. Die Regelung greift jedoch ausschließlich für abhängig Beschäftigte – Selbstständige, Freiberufler und Beamte sind folglich ausgeschlossen. Ebenso ausgeschlossen sind Personen, die vorzeitig in Rente gehen und dann weiterarbeiten. Die Maßnahme richtet sich also gezielt an Personen, die bereits die Regelaltersgrenze erreicht haben und dennoch weiterarbeiten. Nach Regierungsangaben könnten ca.168.000 Personen von der Regelung profitieren.
Die Aktivrente soll zwei zentrale Ziele erreichen: Einerseits soll das Erwerbspotenzial älterer Menschen stärker genutzt und andererseits ihr Beitrag zum Arbeitsmarkt sichtbarer gemacht werden. Erfahrung und Fachwissen sollen länger in den Betrieben gehalten werden, während zugleich neue steuerliche Spielräume geschaffen werden, um Arbeit im Alter attraktiver zu machen. Denn viele ältere Arbeitnehmer sind durchaus bereit länger zu arbeiten, wenn sich der finanzielle Aufwand lohnt und das Arbeitsumfeld altersgerecht gestaltet ist.
Das Institut der deutschen Wirtschaft bewertet die Aktivrente kritisch. Es prognostiziert erhebliche Mitnahmeeffekte und Steuermindereinnahmen von bis zu 2,8 Milliarden Euro. Der Grund: Viele derjenigen, die von der Aktivrente profitieren würden, sind bereits heute über der Altersgrenze berufstätig. In der Folge sinken also die staatlichen Einnahmen, die Zahl der tatsächlich zusätzlich arbeitenden Personen wird aber nicht deutlich erhöht. Selbst wenn nur die Angestellten berücksichtigt werden, die unter die neue Regelung fallen, rechnet das IW noch mit Kosten von rund 1,4 Milliarden Euro jährlich. [1] Die Regierung selbst rechnet mit einem geringeren Betrag: Laut Berechnungen des Finanzministeriums werden dem Staat durch die Aktivrente rund 900 Millionen Euro an Steuereinnahmen entgehen.
Die Anreizwirkung dürfte sich vor allem auf jene beschränken, die ohnehin in stabilen Arbeitsverhältnissen stehen. So wird die Aktivrente z.B. Arbeitnehmer in der Serviceindustrie wahrscheinlich nicht zum Weiterarbeiten motivieren können. Denn für Beschäftigte mit körperlich anstrengenden Tätigkeiten, geringem Einkommen oder gesundheitlichen Einschränkungen bietet die Aktivrente kaum Anreize.
Die Aktivrente erscheint daher als ein Steuergeschenk an privilegierte Senioren in selektiven Berufen. Und das, obwohl finanzielle Anreize für diese Personengruppe ohnehin kaum entscheidend sind: Die Mehrheit der über 65-Jährigen, die weiterhin arbeitet, nennt Freude an der Tätigkeit, soziale Kontakte oder den Erhalt geistiger Aktivität als Hauptmotive – nicht steuerliche Vorteile. [2]
Die Ausgestaltung der Aktivrente birgt zudem mögliche verfassungsrechtliche Probleme. So werden Selbstständige und Beamte von der Steuerbefreiung ausgeschlossen, obwohl sie in ähnlicher Weise über die Altersgrenze hinaus tätig sein können. Inwieweit die Regelung ausschließlich für Einkommen aus abhängiger Beschäftigung ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz ist, werden in naher Zukunft wahrscheinlich die Gerichte klären müssen.
Es bleibt offen, ob die Maßnahme tatsächlich geeignet ist, eine nennenswerte Anzahl von Menschen länger im Berufsleben zu halten. Ob die Aktivrente ihr Ziel erreicht, hängt letztlich von ihrer praktischen Umsetzung und von flankierenden Maßnahmen ab. Entscheidend wird sein, ob Unternehmen bereit sind, altersgerechte Arbeitsbedingungen zu schaffen, und ob der Staat die steuerliche Mehrbelastung langfristig finanzieren kann.
Aktuell erscheint de Aktivrente als ein weiteres teures Symbolprojekt mit begrenzter Wirkung, das die Staatskasse belastet, ohne den Fachkräftemangel spürbar zu lindern.
Stand: Oktober 2025
[1] https://www.iwkoeln.de/presse/iw-nachrichten/jochen-pimpertz-oliver-stettes-enorme-kosten-bei-zweifelhaftem-nutzen.html
[2] https://www.iwkoeln.de/studien/andrea-hammermann-ruth-maria-schueler-oliver-stettes-wer-will-im-rentenalter-arbeiten.html
Tags: Rentner ältere Arbeitnehmer Fachkräfte Steuern Sozialabgaben