Die vornehmlich von Frauen der westlichen Industrienationen benutzte Selbstbezeichnung als Tradwife beschreibt einen Lebensstil welcher traditionelle Geschlechterrollen propagiert und für die Frau daher einen bewussten Verzicht auf eine berufliche Karriere im klassischen Sinne und statt dessen eine Fokussierung auf ihre Rolle als Mutter und Hausfrau vorsieht.
Tradwives orientieren sich stark an traditionellen Werten wie Ehe und Familie im Sinne der heterosexuellen Kleinfamilie. Ihre Rolle sieht vor, dass sie selbst keine klassische berufliche Tätigkeit ausüben, und sich auf die Hausarbeit und Versorgung der Familie konzentrieren. Zudem legen Tradwives viel Wert darauf, ihrem Ehemann zu gefallen und sich um ihn zu kümmern.
Breitere Bekanntheit erfuhr das Phänomen der Tradwives durch die Inszenierung ihres vermeintlichen Alltages in den Sozialen Medien. Die Selbstdarstellung der Influencerinnen auf TikTok und anderen Plattformen wird dabei oft in einer nostalgischen 50er Jahre Ästhetik gefeiert und erinnert stark an das Familien- und Frauenideal während des Golden Age of Marriage.
Angesichts der medial dargestellten Glorifizierung traditioneller Weiblichkeit und der Betonung der unterwürfigen Rolle gegenüber dem Ehemann wird das Lebensmodell Tradwife mitunter als unmittelbare Gegenreaktion, wenn nicht gar als direkter Angriff auf den Feminismus verstanden. So kann z.B. die Autorin Britta Wintgens ihr Entsetzen in einem Artikel aus dem Jahr 2020 nicht verbergen. [1]
Der Vorwurf des Antifeminismus wird bisweilen durch den Vorwurf einer inhaltlichen Nähe zu völkischen oder rechtsextremen Ideologien erweitert. [2] Während es insbesondere unter den christlich-konservativen Tradwives in den USA vermutlich einige gibt deren Werte nach Meinung progressiver Menschen als rechtsextrem einzustufen wären, so dürfte die durchschnittliche Frau allerdings eher pragmatische Gründe für die Wahl ihrer Rolle als Hausfrau und Mutter haben.
Die Philosophin Catherine Newmark erklärt das Phänomen der Tradwives z.B. mit der Tatsache, dass viele Frauen mittlerweile schlicht erkannt haben dass das moderne Ideal von Familie und Karriere für sie ohne große Opfer nicht realisierbar ist. Und die Feministin Ashley A. Mattheis erkennt bei Tradwives darüber hinaus das Bedürfnis, sich einem starken Mann unterordnen zu wollen.
Diese Erklärungsansätze kommen der nüchternen Realität wahrscheinlich schon recht nahe. Tatsächlich ist es so, dass das Leben als Hausfrau und Mutter attraktiver erscheint, wenn Frau erst einmal ein paar Jahre berufstätig war. Wenn klar wird, dass eine echte Karriere meist viel Arbeit bedeutet und Berufstätigkeit generell oft wenig mit Spaß und Selbstverwirklichung und stattdessen viel mit Stress und zu tun hat, setzt bei vielen Frauen ein Umdenken ein.
So beklagen viele Frauen die berufliche Belastung, welche mit einer anspruchsvollen Tätigkeit verbunden ist, und die Schwierigkeit, nach Hause zu kommen und das zu bewältigen, was sie als eine zweite Arbeitsschicht empfinden. Also die Erledigung des Haushaltes und die Betreuung von Kindern oder ggf. die Pflege älterer Familienmitglieder.
In diesem Kontext ist die Rückbesinnung auf das Lebensmodell der Hausfrau eher keine eindimensionale Gegenreaktion auf den Feminismus an sich, sondern eine Reaktion auf die gesamtgesellschaftlichen Umstände - welche freilich unter anderem durch den Feminismus entstanden sind. So kann die im Tradwife Zentrum USA weit verbreitete und zermürbende Kultur des stets beschäftigten und immer erreichbaren Individuums als ein Schlüsselfaktor für die Attraktivität des Lebensmodells Tradwife verstanden werden.
Denn während der Druck durch den Beruf in der westlichen Welt gefühlt immer weiter zunimmt, scheint das familiäre und soziale Netzwerk immer brüchiger zu werden. Selbst intelligente Frauen mit ausreichend finanziellen Ressourcen finden es zunehmend schwierig, dem feministischen Ideal der starken, unabhängigen Superfrau gerecht zu werden.
Obwohl die Rückbesinnung auf die Rolle der Hausfrau oberflächlich betrachtet im Widerspruch zu den vermeintlich modernen Errungenschaften steht, ist sie gleichzeitig eine direkte Reaktion auf ebendiese Umstände. Es ist eine Antwort auf die zunehmende Unsicherheit der modernen westlichen Gesellschaft. Das Lebensmodell der Tradwife als bewusste Entscheidung und Gegenentwurf zur Karrieretretmühle. Auf individueller Ebene eine Flucht aus einer unbefriedigenden Arbeitswelt mit sinnlosen Jobs und auf gesellschaftlicher Ebene ein Mittel um die schmerzlich vermisste High Trust Gesellschaft zumindest lokal wieder herzustellen.
Die persönlichen Entscheidungen von Frauen, die sich als Tradwives identifizieren, sind gleichzeitig gesellschaftlich untrennbar mit der tiefgreifenden Krise von Arbeit und Pflege im vorherrschenden neoliberalen Kapitalismus verbunden. Denn letztlich werden natürlich selbst die privatesten Entscheidungen stets von sozialen, kulturellen, wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen geprägt.
Die Inszenierung geborgener Häuslichkeit scheint für viele Frauen offensichtlich attraktiv. Das Lebensmodell der klassischen Hausfrau ist für Frauen schlicht eine relativ bequeme Möglichkeit ein gutes Leben zu führen ohne selbst viel Verantwortung übernehmen zu müssen. Natürlich sind Männer denselben brutalen Regeln des Kapitalismus unterworfen und viele gar nicht mehr in der Lage dauerhaft und verlässlich genug Einkommen für eine ganze Familie zu generieren.
Abseits von irgendwelchen feministischen Verschwörungstheorien die in Tradwives die bösen Engel für den Untergang des progressiven Zeitgeistes sehen, birgt die Romantisierung der klassischen Versorgerehe natürlich auch ganz reale Probleme. Eine Gefahr liegt in der unrealistischen Inszenierung des Alltages. Junge Männer und Frauen ohne Lebenserfahrung könnten die mediale Darstellung mit der Realität verwechseln und Erwartungen entwickeln, die im echten Leben meist schlicht nicht zu erfüllen sind. Darüber hinaus wird das Paar früher oder später natürlich auch mit der harten Realität umgehen müssen. Was passiert, wenn der Alleinverdiener den Job verliert und die Familie nicht mehr ernähren kann? Was, wenn das Kind mit einer Behinderung auf die Welt kommt und intensiver Pflege bedarf? Da bleibt nicht viel Zeit und Energie um das Haus hübsch zu dekorieren….
Die eigentliche Ironie an dem Trend Tradwife ist allerdings, dass viele von ihnen sehr aktiv bei der Vermarktung ihres Lebensmodells zu sein scheinen. Sie inszenieren sich als Heimchen am Herd während sie gleichzeitig perfekt gestaltete Webseiten betreiben und ihre Social Media Kanäle mit Hochglanzinhalten füllen. Wer das so professionell betreibt wie Alena Kate Pettitt mit ihrer The Darling Academy hat im Prinzip nicht nur einen Vollzeitjob, sondern ist tatsächlich eher Business Babe als Tradwife.
Stand: August 2024
[1] https://www.elle.de/tradwives-anti-feminismus-bewegung
[2] https://journals.sagepub.com/doi/10.1177/08912416241246273
Tags: Hausfrau Ehefrau Mutter Versorger Ehe Ernährer Nostalgie 50er Jahre Golden Age of Marriage Traditionelle Geschlechter Rollen Feminismus Propaganda Red Pill Women Rasse Umvolkung Rassismus völkisch Gwen the Milkmaid Ayla Stewart Alena Kate Pettitt The Darling Academy Lauren Southern Estee Williams Claire Sorin Eviane Leidig Babette Francis Endeavour Christian Hannah Neeleman Soziale Medien TikTok Instagram #tradlife Conservative Right, Alt-Lite, and Alt-Right Subkultur The Fascinating Girl Helen Andelin Fascinating Womanhood The Transformed Wife Vintage Mrs
Tradwives orientieren sich stark an traditionellen Werten wie Ehe und Familie im Sinne der heterosexuellen Kleinfamilie. Ihre Rolle sieht vor, dass sie selbst keine klassische berufliche Tätigkeit ausüben, und sich auf die Hausarbeit und Versorgung der Familie konzentrieren. Zudem legen Tradwives viel Wert darauf, ihrem Ehemann zu gefallen und sich um ihn zu kümmern.
Breitere Bekanntheit erfuhr das Phänomen der Tradwives durch die Inszenierung ihres vermeintlichen Alltages in den Sozialen Medien. Die Selbstdarstellung der Influencerinnen auf TikTok und anderen Plattformen wird dabei oft in einer nostalgischen 50er Jahre Ästhetik gefeiert und erinnert stark an das Familien- und Frauenideal während des Golden Age of Marriage.
Angesichts der medial dargestellten Glorifizierung traditioneller Weiblichkeit und der Betonung der unterwürfigen Rolle gegenüber dem Ehemann wird das Lebensmodell Tradwife mitunter als unmittelbare Gegenreaktion, wenn nicht gar als direkter Angriff auf den Feminismus verstanden. So kann z.B. die Autorin Britta Wintgens ihr Entsetzen in einem Artikel aus dem Jahr 2020 nicht verbergen. [1]
Der Vorwurf des Antifeminismus wird bisweilen durch den Vorwurf einer inhaltlichen Nähe zu völkischen oder rechtsextremen Ideologien erweitert. [2] Während es insbesondere unter den christlich-konservativen Tradwives in den USA vermutlich einige gibt deren Werte nach Meinung progressiver Menschen als rechtsextrem einzustufen wären, so dürfte die durchschnittliche Frau allerdings eher pragmatische Gründe für die Wahl ihrer Rolle als Hausfrau und Mutter haben.
Die Philosophin Catherine Newmark erklärt das Phänomen der Tradwives z.B. mit der Tatsache, dass viele Frauen mittlerweile schlicht erkannt haben dass das moderne Ideal von Familie und Karriere für sie ohne große Opfer nicht realisierbar ist. Und die Feministin Ashley A. Mattheis erkennt bei Tradwives darüber hinaus das Bedürfnis, sich einem starken Mann unterordnen zu wollen.
Diese Erklärungsansätze kommen der nüchternen Realität wahrscheinlich schon recht nahe. Tatsächlich ist es so, dass das Leben als Hausfrau und Mutter attraktiver erscheint, wenn Frau erst einmal ein paar Jahre berufstätig war. Wenn klar wird, dass eine echte Karriere meist viel Arbeit bedeutet und Berufstätigkeit generell oft wenig mit Spaß und Selbstverwirklichung und stattdessen viel mit Stress und zu tun hat, setzt bei vielen Frauen ein Umdenken ein.
So beklagen viele Frauen die berufliche Belastung, welche mit einer anspruchsvollen Tätigkeit verbunden ist, und die Schwierigkeit, nach Hause zu kommen und das zu bewältigen, was sie als eine zweite Arbeitsschicht empfinden. Also die Erledigung des Haushaltes und die Betreuung von Kindern oder ggf. die Pflege älterer Familienmitglieder.
In diesem Kontext ist die Rückbesinnung auf das Lebensmodell der Hausfrau eher keine eindimensionale Gegenreaktion auf den Feminismus an sich, sondern eine Reaktion auf die gesamtgesellschaftlichen Umstände - welche freilich unter anderem durch den Feminismus entstanden sind. So kann die im Tradwife Zentrum USA weit verbreitete und zermürbende Kultur des stets beschäftigten und immer erreichbaren Individuums als ein Schlüsselfaktor für die Attraktivität des Lebensmodells Tradwife verstanden werden.
Denn während der Druck durch den Beruf in der westlichen Welt gefühlt immer weiter zunimmt, scheint das familiäre und soziale Netzwerk immer brüchiger zu werden. Selbst intelligente Frauen mit ausreichend finanziellen Ressourcen finden es zunehmend schwierig, dem feministischen Ideal der starken, unabhängigen Superfrau gerecht zu werden.
Obwohl die Rückbesinnung auf die Rolle der Hausfrau oberflächlich betrachtet im Widerspruch zu den vermeintlich modernen Errungenschaften steht, ist sie gleichzeitig eine direkte Reaktion auf ebendiese Umstände. Es ist eine Antwort auf die zunehmende Unsicherheit der modernen westlichen Gesellschaft. Das Lebensmodell der Tradwife als bewusste Entscheidung und Gegenentwurf zur Karrieretretmühle. Auf individueller Ebene eine Flucht aus einer unbefriedigenden Arbeitswelt mit sinnlosen Jobs und auf gesellschaftlicher Ebene ein Mittel um die schmerzlich vermisste High Trust Gesellschaft zumindest lokal wieder herzustellen.
Die persönlichen Entscheidungen von Frauen, die sich als Tradwives identifizieren, sind gleichzeitig gesellschaftlich untrennbar mit der tiefgreifenden Krise von Arbeit und Pflege im vorherrschenden neoliberalen Kapitalismus verbunden. Denn letztlich werden natürlich selbst die privatesten Entscheidungen stets von sozialen, kulturellen, wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen geprägt.
Die Inszenierung geborgener Häuslichkeit scheint für viele Frauen offensichtlich attraktiv. Das Lebensmodell der klassischen Hausfrau ist für Frauen schlicht eine relativ bequeme Möglichkeit ein gutes Leben zu führen ohne selbst viel Verantwortung übernehmen zu müssen. Natürlich sind Männer denselben brutalen Regeln des Kapitalismus unterworfen und viele gar nicht mehr in der Lage dauerhaft und verlässlich genug Einkommen für eine ganze Familie zu generieren.
Abseits von irgendwelchen feministischen Verschwörungstheorien die in Tradwives die bösen Engel für den Untergang des progressiven Zeitgeistes sehen, birgt die Romantisierung der klassischen Versorgerehe natürlich auch ganz reale Probleme. Eine Gefahr liegt in der unrealistischen Inszenierung des Alltages. Junge Männer und Frauen ohne Lebenserfahrung könnten die mediale Darstellung mit der Realität verwechseln und Erwartungen entwickeln, die im echten Leben meist schlicht nicht zu erfüllen sind. Darüber hinaus wird das Paar früher oder später natürlich auch mit der harten Realität umgehen müssen. Was passiert, wenn der Alleinverdiener den Job verliert und die Familie nicht mehr ernähren kann? Was, wenn das Kind mit einer Behinderung auf die Welt kommt und intensiver Pflege bedarf? Da bleibt nicht viel Zeit und Energie um das Haus hübsch zu dekorieren….
Die eigentliche Ironie an dem Trend Tradwife ist allerdings, dass viele von ihnen sehr aktiv bei der Vermarktung ihres Lebensmodells zu sein scheinen. Sie inszenieren sich als Heimchen am Herd während sie gleichzeitig perfekt gestaltete Webseiten betreiben und ihre Social Media Kanäle mit Hochglanzinhalten füllen. Wer das so professionell betreibt wie Alena Kate Pettitt mit ihrer The Darling Academy hat im Prinzip nicht nur einen Vollzeitjob, sondern ist tatsächlich eher Business Babe als Tradwife.
Stand: August 2024
[1] https://www.elle.de/tradwives-anti-feminismus-bewegung
[2] https://journals.sagepub.com/doi/10.1177/08912416241246273
Tags: Hausfrau Ehefrau Mutter Versorger Ehe Ernährer Nostalgie 50er Jahre Golden Age of Marriage Traditionelle Geschlechter Rollen Feminismus Propaganda Red Pill Women Rasse Umvolkung Rassismus völkisch Gwen the Milkmaid Ayla Stewart Alena Kate Pettitt The Darling Academy Lauren Southern Estee Williams Claire Sorin Eviane Leidig Babette Francis Endeavour Christian Hannah Neeleman Soziale Medien TikTok Instagram #tradlife Conservative Right, Alt-Lite, and Alt-Right Subkultur The Fascinating Girl Helen Andelin Fascinating Womanhood The Transformed Wife Vintage Mrs