Sind Ungleichbehandlungen von Arbeitnehmern
aufgrund des Lebensalters sachlich nicht zu rechtfertigen, stellen sie eine
gesetzlich verbotene altersbedingte Diskriminierung dar. Im Umkehrschluss bedeutet
dies, dass eine Schlechterstellung wegen des Alters erlaubt ist, sofern es
dafür triftige Gründe gibt.
So ist gemäß § 10 des Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters zulässig, wenn sie "objektiv und angemessen" und durch ein "legitimes Ziel" gerechtfertigt ist, und wenn die Mittel, um dieses Ziel zu erreichen, "angemessen und erforderlich" sind. Enthalten Tarifverträge Urlaubsregelungen, denen zufolge der Urlaubsanspruch altersabhängig steigt, so muss eine solche Regelung entsprechend durch ein "legitimes Ziel" gerechtfertigt sein.
Der dem älteren Arbeitnehmer zugebilligte tarifliche Mehrurlaub wird meist mit der altersbedingt vermehrten Erholungsbedürftigkeit begründet. Neben der Frage nach der generellen Plausibilität und Gerechtigkeit dieser Argumentation, stellt sich auch die Frage ab welchem Alter dieser größere Erholungsbedarf eigentlich besteht.
Das Bundesarbeitsgericht hat im Jahr 2012 entschieden, dass die Urlaubsregelungen des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst eine unzulässige Altersdiskriminierung darstellen, da sie Arbeitnehmern ab 40 Jahren mehr Urlaub als ihren jüngeren Kollegen zugesteht. In der Pressemitteilung des BAG heißt es zur Begründung, dass die streitige Ungleichbehandlung beim Thema Urlaub Arbeitnehmer unmittelbar benachteiligt, die das 40. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Diese Ungleichbehandlung verstößt nach Auffassung des Gerichtes gegen das Verbot der Altersdiskriminierung, da die tarifliche Urlaubsstaffelung „nicht das legitime Ziel verfolge, einem gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Menschen Rechnung zu tragen". Ein gesteigertes Erholungsbedürfnis von Arbeitnehmern schon ab dem 40. Lebensjahr "ließe sich auch kaum begründen". [1]
Ergo: Altersabhängiger Mehrurlaub wie in § 26 Abs.1 Satz 2 TVöD vorgesehen, ist sachlich nicht gerechtfertigt und stellt daher eine verbotene Diskriminierung dar. Damit hat das Bundesarbeitsgericht ebenso entschieden wie zuvor bereits das Arbeitsgericht Wesel im Jahr 2010 und das Landesarbeitsgericht Düsseldorf im Jahr 2011. [2] [3]
Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz hingegen hat im September des Jahres 2013 entschieden, dass Mehrurlaub für ältere Mitarbeiter erlaubt ist und keine Diskriminierung darstellt. Nach Ansicht des Gerichtes stellt die Verlängerung des Jahresurlaubs sicher, dass ältere Arbeitnehmer erwerbsfähig bleiben - die Regelung sei ein "bewährtes Mittel zum Schutz der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer".
Die Argumentation des Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz ist absurd. Es liegt in der Natur der Diskriminierung, dass diese für die jeweils privilegierte Gruppe vorteilhaft ist. Der Hinweis, dass die Verlängerung des Jahresurlaubs ein „bewährtes Mittel zum Schutz der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer“ sei und daraus zu schlussfolgern, die Diskriminierung jüngerer Mitarbeiter wäre somit gerechtfertigt, ist widersinnig. Darüber hinaus birgt es eine gewisse Ironie, wenn das Gericht ausgerechnet eine Variante des meist von älteren Arbeitnehmern bemühten Pseudo-Arguments „Das haben wir schon immer so gemacht.“ als Rechtfertigung zum Erhalt des Status Quo heranzieht. Nur weil etwas lange praktiziert wird, bedeutet dies nicht, dass es richtig ist.
Stand: September 2013
[1] http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=pm&Datum=2012&nr=15802&pos=4&anz=26&titel=Altersabh%E4ngige_Staffelung_der_Urlaubsdauer
[2] Arbeitsgericht Wesel Urteil vom 11.08.2010, 6 Ca 736/10 - Längerer tariflicher Urlaub für 30jährige als für 19jährige ist diskriminierend.
[3] Landesarbeitsgericht Düsseldorf Urteil vom 18.01.2011, 8 Sa 1274/10 - Altersdiskriminierung durch tariflichen Urlaubsanspruch.
[4] http://www.mjv.rlp.de/Gerichte/Fachgerichte/Arbeitsgerichte/LAG-Rheinland-Pfalz/ Urteil mit Az.: 6 Sa 709/11
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So ist gemäß § 10 des Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters zulässig, wenn sie "objektiv und angemessen" und durch ein "legitimes Ziel" gerechtfertigt ist, und wenn die Mittel, um dieses Ziel zu erreichen, "angemessen und erforderlich" sind. Enthalten Tarifverträge Urlaubsregelungen, denen zufolge der Urlaubsanspruch altersabhängig steigt, so muss eine solche Regelung entsprechend durch ein "legitimes Ziel" gerechtfertigt sein.
Der dem älteren Arbeitnehmer zugebilligte tarifliche Mehrurlaub wird meist mit der altersbedingt vermehrten Erholungsbedürftigkeit begründet. Neben der Frage nach der generellen Plausibilität und Gerechtigkeit dieser Argumentation, stellt sich auch die Frage ab welchem Alter dieser größere Erholungsbedarf eigentlich besteht.
Das Bundesarbeitsgericht hat im Jahr 2012 entschieden, dass die Urlaubsregelungen des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst eine unzulässige Altersdiskriminierung darstellen, da sie Arbeitnehmern ab 40 Jahren mehr Urlaub als ihren jüngeren Kollegen zugesteht. In der Pressemitteilung des BAG heißt es zur Begründung, dass die streitige Ungleichbehandlung beim Thema Urlaub Arbeitnehmer unmittelbar benachteiligt, die das 40. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Diese Ungleichbehandlung verstößt nach Auffassung des Gerichtes gegen das Verbot der Altersdiskriminierung, da die tarifliche Urlaubsstaffelung „nicht das legitime Ziel verfolge, einem gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Menschen Rechnung zu tragen". Ein gesteigertes Erholungsbedürfnis von Arbeitnehmern schon ab dem 40. Lebensjahr "ließe sich auch kaum begründen". [1]
Ergo: Altersabhängiger Mehrurlaub wie in § 26 Abs.1 Satz 2 TVöD vorgesehen, ist sachlich nicht gerechtfertigt und stellt daher eine verbotene Diskriminierung dar. Damit hat das Bundesarbeitsgericht ebenso entschieden wie zuvor bereits das Arbeitsgericht Wesel im Jahr 2010 und das Landesarbeitsgericht Düsseldorf im Jahr 2011. [2] [3]
Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz hingegen hat im September des Jahres 2013 entschieden, dass Mehrurlaub für ältere Mitarbeiter erlaubt ist und keine Diskriminierung darstellt. Nach Ansicht des Gerichtes stellt die Verlängerung des Jahresurlaubs sicher, dass ältere Arbeitnehmer erwerbsfähig bleiben - die Regelung sei ein "bewährtes Mittel zum Schutz der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer".
Die Argumentation des Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz ist absurd. Es liegt in der Natur der Diskriminierung, dass diese für die jeweils privilegierte Gruppe vorteilhaft ist. Der Hinweis, dass die Verlängerung des Jahresurlaubs ein „bewährtes Mittel zum Schutz der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer“ sei und daraus zu schlussfolgern, die Diskriminierung jüngerer Mitarbeiter wäre somit gerechtfertigt, ist widersinnig. Darüber hinaus birgt es eine gewisse Ironie, wenn das Gericht ausgerechnet eine Variante des meist von älteren Arbeitnehmern bemühten Pseudo-Arguments „Das haben wir schon immer so gemacht.“ als Rechtfertigung zum Erhalt des Status Quo heranzieht. Nur weil etwas lange praktiziert wird, bedeutet dies nicht, dass es richtig ist.
Stand: September 2013
[1] http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=pm&Datum=2012&nr=15802&pos=4&anz=26&titel=Altersabh%E4ngige_Staffelung_der_Urlaubsdauer
[2] Arbeitsgericht Wesel Urteil vom 11.08.2010, 6 Ca 736/10 - Längerer tariflicher Urlaub für 30jährige als für 19jährige ist diskriminierend.
[3] Landesarbeitsgericht Düsseldorf Urteil vom 18.01.2011, 8 Sa 1274/10 - Altersdiskriminierung durch tariflichen Urlaubsanspruch.
[4] http://www.mjv.rlp.de/Gerichte/Fachgerichte/Arbeitsgerichte/LAG-Rheinland-Pfalz/ Urteil mit Az.: 6 Sa 709/11
Tags: Vorteile Nachteile ältere arbeitnehmer abfindung lohn kosten zuschuss entgeld verdienst sicherung bezugsdauer arbeitslosengeld kündigung schutz fristen gesetzlich urlaub anspruch tage recht auf alters teilzeit tarif arbeits vertrag ältere Mitarbeiter Fehltage Krankheit Engagement innerlich gekündigt unmotiviert Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz AGG altersabhängiger Mehrurlaub TVöD öffentlicher Dienst Behörde altersbedingte Diskriminierung jüngere Arbeitnehmer Gerichtsurteile Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz AZ 6 Sa 709/11 Bundesarbeitsgericht BAG Urteil 20.03.2012 9 AZR 529/10