Mit der Verbreitung des Internets und zunehmender Bedeutung der Sozialen Netzwerke entstanden Empfehlungsportale wie z.B. Yelp oder Tripadvisor. Die Grundidee ist simpel: Die Nutzer des Netzwerkes können Lob und Kritik an Dienstleistungen und Unternehmen für jeden öffentlich einsehbar posten und ihre persönlichen Einschätzungen und Empfehlungen abgeben.
Theoretisch sind Erfahrungsportale die digitale Umsetzung eines vollkommen transparenten -und damit fairen- Marktes, welcher in der Folge laut klassischer Wirtschaftstheorie zu optimalen Serviceangeboten zum bestmöglichen Preis führen sollte.
In der Praxis ergeben sich jedoch auch einige Probleme:
Theoretisch sind Erfahrungsportale die digitale Umsetzung eines vollkommen transparenten -und damit fairen- Marktes, welcher in der Folge laut klassischer Wirtschaftstheorie zu optimalen Serviceangeboten zum bestmöglichen Preis führen sollte.
- Die Plattform bündelt Erfahrungswerte, welche in der Summe auch von noch so großen und weitgereisten Teams von z.B. Hotel-/ Restaurant Tester unmöglich aufgebracht werden könnten.
- Die gewonnenen Erkenntnisse sollten allein aufgrund der großen Anzahl im Durchschnitt repräsentativ sein.
- In letzter Konsequenz sind die Portale gelebte Demokratie, denn jeder kann sich beteiligen und die von den Usern zur Verfügung gestellten Bewertungen sind für jeden kostenlos einsehbar. Gerade finanziell schwach gestellte Personen können somit theoretisch das Beste aus ihrem knapp bemessenen Budget machen.
- Statt teure Consultants in Anspruch nehmen zu müssen, kommen konkrete Verbesserungsvorschläge direkt vom Kunden. Im Idealfall bekommen Hotels/ Restaurants, etc. somit konstruktives Feedback der Gäste - zeitnah und kostenlos.
- Gute Bewertungen sind für die betreffenden Unternehmen kostenlose Werbung.
In der Praxis ergeben sich jedoch auch einige Probleme:
- Die Demokratisierung des Informationszugangs bedroht die Existenz einiger Unternehmen, welche sich zuvor auf die Beratung spezialisiert hatten. Statt sich gegen Entgelt beraten zu lassen, können Interessenten nun die gewünschten Informationen jederzeit kostenlos im Internet abrufen.
- Dienstleister, die seit langer Zeit z.B. im Tourismusbereich tätig sind, sehen sich plötzlich mit selbsternannten Experten und deren vom Internet geschürten unrealistischen Erwartungen und ärgerlichen Einstellungen konfrontiert. [1]
- Die vermeintliche Schwarmintelligenz der Empfehlungsportale erweist sich mitunter als Schwarmdummheit. Gehört wird oft nicht die konstruktive Kritik und die gemäßigten Kommentare der Mehrheit, sondern die lautesten Stimmen einer überschätzten Minderheit.
- Negative Bewertungen einzelner Kunden können massive Imageschäden zur Folge haben. (Besonders problematisch dabei ist, dass Nutzer des Empfehlungsportals nicht immer unterscheiden können ob diese Kritik objektiv gerechtfertigt ist oder nur auf überzogenen Erwartungen eines überkritischen Kunden basiert.)
- Gerade kleinere Betriebe sehen sich regelrechten Erpressungsversuchen von Seiten einzelner Kunden ausgesetzt. (Kunden drohen mit einer schlechten Bewertung sofern sie keinen Preisnachlass auf die zuvor erbrachte Leistung bekommen.)
- Einige Unternehmen versuchen positive Bewertungen vom Kunden zu kaufen oder schreiben diese gleich selbst. Beides ist natürlich Betrug und gemäß Geschäftsbedingungen der Portale verboten. In welchem Umfang diese Manipulation stattfindet ist umstritten - laut Tripadvisor handelt es sich um Einzelfälle. [2]
- Naturgemäß sind Empfehlungsportale umso attraktiver, umso mehr Bewertungen auf diesen zu finden sind. Diese Masse statt Klasse Mentalität hat zur Folge, dass die Betreiber die Bewertungen meist offensichtlich ungeprüft veröffentlichen. [3]
- Bei den Portalen selbst gibt es mitunter Interessenkonflikte. So sind z.B. einige von Usern auf Tripadvisor bewertete Hotels gleichzeitig auch Anzeigenkunden bei Tripadvisor.
Anreiz- und Belohnungssystem
Wie bringt ein profitorientiertes Unternehmen wie Tripadvisor ihm unbekannte Menschen dazu, wertvolle Zeit zu opfern, kostenlos Content zur Verfügung zu stellen und zudem auch noch bereitwillig viele Daten über sich preiszugeben?
Die Motivierung der User erfolgt auf mehreren Wegen. Zum einen wird oft die Möglichkeit der Vernetzung mit anderen Nutztern gegeben und somit ein Gefühl der Gemeinschaft erzeugt. Des Weiteren arbeiten Empfehlungsportale mit einem Anreiz- und Belohnungssystem, welches dem aus der Psychologie bekannten Prinzip der positiven Verstärkung folgt.
Die Zuwendung und Anerkennung erfolgen bei Portalen wie Tripadvisor nicht in Form von Geld, sondern mittels positiven Feedbacks aller Art: So bekommt der Autor umgehend nach Einreichung eines Artikels eine E-Mail, welche ihn für die Erstellung lobt. Einige Tage später folgt oft eine weitere E-Mail welche freudig verkündet, dass der neue Artikel bereits x-Mal aufgerufen wurde. Zudem stellt Tripadvisor seinen Autoren einmal im Monat eine statistische Auswertung der Artikelaufrufe zur Verfügung. Genannt werden unter anderem der Artikel mit den meisten Seitenaufrufen sowie die Gesamtzahl der Leser.
Der Kern des Anreizsystems sind sehr wahrscheinlich jedoch die Auszeichnungen, welche für alle Leser gut sichtbar im Autorenprofil angezeigt werden. Die Tatsache, dass das nächste Abzeichen nur noch zwei Bewertungen entfernt ist, motiviert wahrscheinlich viele Schreiber dazu, weitere Bewertungen zu verfassen. Tripadvisor nutzt also den Geltungsdrang der Autoren indem es deren Ego ein wenig streichelt und ihnen die ersehnte Bestätigung in Aussicht stellt.
Für das Unternehmen ist bei dem Streben nach Anerkennung problematisch, dass sich dieses online mitunter schnell in Gier nach Aufmerksamkeit wandelt und in der Folge eventuell die Qualität der Beiträge leidet. Denn belohnt wird primär die Quantität, da die Abzeichen stur nach Anzahl der Beiträge vergeben werden. (Eine indirekte Beurteilung der Qualität der Artikel erfolgt bestenfalls durch die Helpful Votes anderer Nutzer, welche aber keine Rolle beim Ranking des Autors spielen.)
Trotz der genannten Kritikpunkte sind Empfehlungsportale für den Nutzer ein durchaus geeignetes Mittel um sich einen groben Eindruck zu verschaffen und durch Hinweise anderer User einige Probleme bereits im Vorfeld zu vermeiden.
Wie bringt ein profitorientiertes Unternehmen wie Tripadvisor ihm unbekannte Menschen dazu, wertvolle Zeit zu opfern, kostenlos Content zur Verfügung zu stellen und zudem auch noch bereitwillig viele Daten über sich preiszugeben?
Die Motivierung der User erfolgt auf mehreren Wegen. Zum einen wird oft die Möglichkeit der Vernetzung mit anderen Nutztern gegeben und somit ein Gefühl der Gemeinschaft erzeugt. Des Weiteren arbeiten Empfehlungsportale mit einem Anreiz- und Belohnungssystem, welches dem aus der Psychologie bekannten Prinzip der positiven Verstärkung folgt.
Die Zuwendung und Anerkennung erfolgen bei Portalen wie Tripadvisor nicht in Form von Geld, sondern mittels positiven Feedbacks aller Art: So bekommt der Autor umgehend nach Einreichung eines Artikels eine E-Mail, welche ihn für die Erstellung lobt. Einige Tage später folgt oft eine weitere E-Mail welche freudig verkündet, dass der neue Artikel bereits x-Mal aufgerufen wurde. Zudem stellt Tripadvisor seinen Autoren einmal im Monat eine statistische Auswertung der Artikelaufrufe zur Verfügung. Genannt werden unter anderem der Artikel mit den meisten Seitenaufrufen sowie die Gesamtzahl der Leser.
Der Kern des Anreizsystems sind sehr wahrscheinlich jedoch die Auszeichnungen, welche für alle Leser gut sichtbar im Autorenprofil angezeigt werden. Die Tatsache, dass das nächste Abzeichen nur noch zwei Bewertungen entfernt ist, motiviert wahrscheinlich viele Schreiber dazu, weitere Bewertungen zu verfassen. Tripadvisor nutzt also den Geltungsdrang der Autoren indem es deren Ego ein wenig streichelt und ihnen die ersehnte Bestätigung in Aussicht stellt.
Für das Unternehmen ist bei dem Streben nach Anerkennung problematisch, dass sich dieses online mitunter schnell in Gier nach Aufmerksamkeit wandelt und in der Folge eventuell die Qualität der Beiträge leidet. Denn belohnt wird primär die Quantität, da die Abzeichen stur nach Anzahl der Beiträge vergeben werden. (Eine indirekte Beurteilung der Qualität der Artikel erfolgt bestenfalls durch die Helpful Votes anderer Nutzer, welche aber keine Rolle beim Ranking des Autors spielen.)
Trotz der genannten Kritikpunkte sind Empfehlungsportale für den Nutzer ein durchaus geeignetes Mittel um sich einen groben Eindruck zu verschaffen und durch Hinweise anderer User einige Probleme bereits im Vorfeld zu vermeiden.
Stand: August 2016
[1] http://www.packagecostarica.com/tripadvisor-sucks
[2] “Attempts to manipulate TripAdvisor are extremely rare […]”
http://overheadbin.nbcnews.com/_news/2012/01/31/10280803-report-irish-hotel-chain-sought-to-game-tripadvisors-system
[3] http://www.tripadvisor.com/ShowUserReviews-g34859-d6468803-r211684124-Uptown_Vietnam_Cuisine-Columbus_Georgia.html#CHECK_RATES_CONT
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[1] http://www.packagecostarica.com/tripadvisor-sucks
[2] “Attempts to manipulate TripAdvisor are extremely rare […]”
http://overheadbin.nbcnews.com/_news/2012/01/31/10280803-report-irish-hotel-chain-sought-to-game-tripadvisors-system
[3] http://www.tripadvisor.com/ShowUserReviews-g34859-d6468803-r211684124-Uptown_Vietnam_Cuisine-Columbus_Georgia.html#CHECK_RATES_CONT
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