Eingliederungsleistungen sind Mittel zur Finanzierung von Maßnahmen um erwerbsfähige Leistungsberechtigte wieder in das Erwerbsleben einzugliedern.
Die Antwort einer schriftlichen Anfrage der grünen Bundestagsabgeordneten Brigitte Pothmer offenbarte, dass im Jahr 2016 von den für diese Maßnahmen zur Verfügung stehenden Mitteln in Höhe von insgesamt ca. 4,5 Milliarden Euro, rund 764 Millionen in den Verwaltungshaushalt umgeschichtet wurden. Knapp 3,4 Milliarden Euro wurden tatsächlich für entsprechende Eingliederungsmaßnahmen ausgegeben. [1]
Im Jahr 2011 schichteten die Jobcenter noch lediglich etwa 245 Millionen Euro aus dem Eingliederungstitel um. Im Jahr 2014 waren es bereits ca. 522 Millionen Euro und im Jahr 2016 dann rund 764 Millionen. Also eine Verdreifachung innerhalb von nur fünf Jahren. [2]
Rechtlich ist dieses Vorgehen nicht zu beanstanden. Die Umschichtung von Geldern aus dem Etat Leistungen zur Eingliederung in Arbeit hin zu Verwaltungsausgaben ist gemäß Regelung im Bundeshaushalt zulässig, da die beiden Positionen gegenseitig deckungsfähig sind. Diese Regelung sollte ursprünglich dazu dienen, den einzelnen Jobcentern mehr Entscheidungsfreiheit darüber geben wie sie die Betreuung der Bezieher von ALG II vor Ort konkret ausgestalten. Es liegt im Ermessen der Jobcenter, ob sie durch Finanzierung der Maßnahmen an sich eine maßnahmenorientierte Eingliederungsstrategie verfolgen oder versuchen die Leistungsbezieher verstärkt durch intensivere Betreuung schneller wieder in den Arbeitsmarkt eingliedern.
Allerdings hat im Bereich Arbeitsmarktintegration bis mindestens Ende 2015 kein Personalaufbau der Jobcenter stattgefunden. Eine bessere Betreuung ist also allein aufgrund der nicht gesteigerten Personalstärke unwahrscheinlich. Tatsächlich hält die Argumentation der höheren Personalkosten für eine intensivere Betreuung der Leistungsberechtigten einer Überprüfung nicht stand. [3]
Es ist zu vermuten, dass die höheren Kosten schlicht durch die Tarifsteigerungen der bereits vorhandenen Mitarbeiter sowie Mehrausgaben z.B. im Bereich IT- sowie Energiekosten verursacht werden.
Tatsächlich wurde das Verwaltungsbudget der Jobcenter trotz steigender Lohn- und Energiekosten viele Jahre lang nicht erhöht. Erst im Jahr 2016 wurde aufgrund der vielen Asylbewerber nachträglich eine Anpassung vorgenommen. Da erwartungsgemäss viele Asylanten in absehbarer Zeit Grundsicherung beziehen werden, wurde der Förder- und den Verwaltungsetat per Nachtragshaushalt aufgestockt und für das Jahr 2017 nochmals erhöht. Allerdings liegt auch der neue Verwaltungsetat mit gut 4,4 Milliarden Euro weiterhin noch unter den tatsächlichen Verwaltungsausgaben des Jahres 2015.
Nach Meinung der Grünen-Abgeordneten Brigitte Pothmer setzt die Regierung die Verwaltungskosten strukturell zu niedrig an. Sie fordert daher: „Die strukturelle Lücke bei den Verwaltungskosten muss geschlossen werden und gleichzeitig ausreichend Geld für die aktive Arbeitsmarktpolitik zur Verfügung stehen.“
Das knappe Budget erklärt ihrer Meinung nach auch das Phänomen der trotz Umschichtung im Jahr 2016 ungenutzt im Fördertopf verbliebenen 363 Millionen Euro und die insgesamt eher geringen Förderausgaben für Langzeitarbeitslose: Viele Verantwortliche in den Jobcentern hätten schon zu Jahresbeginn bei der Planung der Förderstrategie „die Schere im Kopf“ - „Sie wissen, dass de facto ein erheblicher Teil der Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik in die Verwaltungskosten fließen muss.“ Folglich sparen sie lieber zu viel als zu wenig.
Stand: Juni 2017
[1] Siehe Antwort der schriftlichen Anfrage Nr. 226 aus Januar 2017 der grünen Bundestagsabgeordneten Brigitte Pothmer:
http://www.pothmer.de/fileadmin/media/MdB/pothmer_de/brigitte_pothmer_arbeitsmarktpolitische/2012_pothmer/PDF/Politische_Initiativen/170207_Antwort_BMAS_Umschichtungen_2016.pdf
[2] Chart auf Basis eigener Recherche. Die Berechnungen von Paul M. Schröder vom Bremer Institut für Arbeitsmarkforschung und Jugendberufshilfe weichen in den individuellen Jahren aufgrund anderer Zuordnung der Buchungen ab, zeigen generell aber dasselbe Problem:
http://biaj.de/images/2017-02-06_jobcenter-gesamtverwaltungskosten-2012-2016.pdf
[3] http://www.o-ton-arbeitsmarkt.de/o-ton-news/jobcenter-umschichten-fuer-eine-bessere-betreuung-klingt-plausibel-stimmt-aber-nicht
Tags: Arbeitslosigkeit Langzeitarbeitslose Hartz IV Arbeitslosengeld ALG I II ARGE JobCenter Leistungszentrum Bundesagentur für Arbeit Verwaltung Kosten Eingliederung Leistung öffentlich geförderte Beschäftigung Qualifizierung Fördermaßnahmen Bildungsträger SGB II Wohlfahrt Sozialindustrie
Im Jahr 2011 schichteten die Jobcenter noch lediglich etwa 245 Millionen Euro aus dem Eingliederungstitel um. Im Jahr 2014 waren es bereits ca. 522 Millionen Euro und im Jahr 2016 dann rund 764 Millionen. Also eine Verdreifachung innerhalb von nur fünf Jahren. [2]
Rechtlich ist dieses Vorgehen nicht zu beanstanden. Die Umschichtung von Geldern aus dem Etat Leistungen zur Eingliederung in Arbeit hin zu Verwaltungsausgaben ist gemäß Regelung im Bundeshaushalt zulässig, da die beiden Positionen gegenseitig deckungsfähig sind. Diese Regelung sollte ursprünglich dazu dienen, den einzelnen Jobcentern mehr Entscheidungsfreiheit darüber geben wie sie die Betreuung der Bezieher von ALG II vor Ort konkret ausgestalten. Es liegt im Ermessen der Jobcenter, ob sie durch Finanzierung der Maßnahmen an sich eine maßnahmenorientierte Eingliederungsstrategie verfolgen oder versuchen die Leistungsbezieher verstärkt durch intensivere Betreuung schneller wieder in den Arbeitsmarkt eingliedern.
Allerdings hat im Bereich Arbeitsmarktintegration bis mindestens Ende 2015 kein Personalaufbau der Jobcenter stattgefunden. Eine bessere Betreuung ist also allein aufgrund der nicht gesteigerten Personalstärke unwahrscheinlich. Tatsächlich hält die Argumentation der höheren Personalkosten für eine intensivere Betreuung der Leistungsberechtigten einer Überprüfung nicht stand. [3]
Es ist zu vermuten, dass die höheren Kosten schlicht durch die Tarifsteigerungen der bereits vorhandenen Mitarbeiter sowie Mehrausgaben z.B. im Bereich IT- sowie Energiekosten verursacht werden.
Tatsächlich wurde das Verwaltungsbudget der Jobcenter trotz steigender Lohn- und Energiekosten viele Jahre lang nicht erhöht. Erst im Jahr 2016 wurde aufgrund der vielen Asylbewerber nachträglich eine Anpassung vorgenommen. Da erwartungsgemäss viele Asylanten in absehbarer Zeit Grundsicherung beziehen werden, wurde der Förder- und den Verwaltungsetat per Nachtragshaushalt aufgestockt und für das Jahr 2017 nochmals erhöht. Allerdings liegt auch der neue Verwaltungsetat mit gut 4,4 Milliarden Euro weiterhin noch unter den tatsächlichen Verwaltungsausgaben des Jahres 2015.
Nach Meinung der Grünen-Abgeordneten Brigitte Pothmer setzt die Regierung die Verwaltungskosten strukturell zu niedrig an. Sie fordert daher: „Die strukturelle Lücke bei den Verwaltungskosten muss geschlossen werden und gleichzeitig ausreichend Geld für die aktive Arbeitsmarktpolitik zur Verfügung stehen.“
Das knappe Budget erklärt ihrer Meinung nach auch das Phänomen der trotz Umschichtung im Jahr 2016 ungenutzt im Fördertopf verbliebenen 363 Millionen Euro und die insgesamt eher geringen Förderausgaben für Langzeitarbeitslose: Viele Verantwortliche in den Jobcentern hätten schon zu Jahresbeginn bei der Planung der Förderstrategie „die Schere im Kopf“ - „Sie wissen, dass de facto ein erheblicher Teil der Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik in die Verwaltungskosten fließen muss.“ Folglich sparen sie lieber zu viel als zu wenig.
Stand: Juni 2017
[1] Siehe Antwort der schriftlichen Anfrage Nr. 226 aus Januar 2017 der grünen Bundestagsabgeordneten Brigitte Pothmer:
http://www.pothmer.de/fileadmin/media/MdB/pothmer_de/brigitte_pothmer_arbeitsmarktpolitische/2012_pothmer/PDF/Politische_Initiativen/170207_Antwort_BMAS_Umschichtungen_2016.pdf
[2] Chart auf Basis eigener Recherche. Die Berechnungen von Paul M. Schröder vom Bremer Institut für Arbeitsmarkforschung und Jugendberufshilfe weichen in den individuellen Jahren aufgrund anderer Zuordnung der Buchungen ab, zeigen generell aber dasselbe Problem:
http://biaj.de/images/2017-02-06_jobcenter-gesamtverwaltungskosten-2012-2016.pdf
[3] http://www.o-ton-arbeitsmarkt.de/o-ton-news/jobcenter-umschichten-fuer-eine-bessere-betreuung-klingt-plausibel-stimmt-aber-nicht
Tags: Arbeitslosigkeit Langzeitarbeitslose Hartz IV Arbeitslosengeld ALG I II ARGE JobCenter Leistungszentrum Bundesagentur für Arbeit Verwaltung Kosten Eingliederung Leistung öffentlich geförderte Beschäftigung Qualifizierung Fördermaßnahmen Bildungsträger SGB II Wohlfahrt Sozialindustrie