Das Betreuungsgeld verstößt laut Urteil des Bundesverfassungsgerichts in seiner bisherigen Form gegen das Grundgesetz. Die Richter urteilten, dass der Bund nicht die Kompetenz gehabt habe, das im Sommer 2013 eingeführte Gesetz zu erlassen und stuften die bisher geltende Regelung deshalb als verfassungswidrig ein.
Das Betreuungsgeld in Höhe von 150 Euro/ Monat wurde zuvor an Eltern gezahlt, die sich dafür entschieden, ihr bis zu drei Jahre altes Kind zu Hause zu behalten, anstatt es in einer Kinderkrippe betreuen zu lassen. Dadurch sollten Eltern, die ihr Kind zuhause betreuen nicht benachteiligt werden gegenüber denen, die eine Kinderbetreuung in Anspruch nehmen.
Das Betreuungsgeld war von Beginn an umstritten, da es unter anderem eine Reihe von Fehlanreizen setzte:
Weitere rechtliche Probleme waren absehbar, denn wenn der Gesetzgeber eine neue Sachleistung einführt, darf er keine Gruppe begünstigen oder benachteiligen. Wenn also die Gruppe der zuhause bleibenden Eltern 150 Euro pro Monat bekommt, so müssen die Eltern der Kita-Kinder diese Zahlung ebenfalls erhalten.
Das Betreuungsgeld sollte nicht an Personen gezahlt werden, die Leistungen nach dem SGB II erhalten. Es stellte sich jedoch die Frage, wie die bezugsberechtigten Personenkreise genau voneinander abgegrenzt werden sollten. Ein pauschaler Ausschluss von Personen, die solche Leistungen erhalten ist rechtlich fragwürdig, da dies auch Personen betreffen würde, die Leistungen als Aufstocker (Personen die zwar berufstätig sind, aber aufgrund ihres geringen Einkommens zusätzlich Geld vom Staat bekommen) beziehen. Es fehlte eine schlüssige und rechtlich haltbare Begründung, warum diese Gruppe gegenüber anderen in Vollzeit arbeitenden Personen beim Betreuungsgeld benachteiligt werden darf. [3]
Zusätzlich wurde durch das Betreuungsgeld ein neuer Kontrollbedarf und Verwaltungsaufwand bzw. Möglichkeiten zum Missbrauch von Sozialleistungen geschaffen. So konnte das Betreuungsgeld in Anspruch genommen werden und das Kind trotzdem ohne Probleme gleichzeitig irgendwo eine Betreuungseinrichtung besuchen. Hier bestand nur die Möglichkeit entweder den vereinzelten Leistungsmissbrauch als gegeben hinzunehmen oder diesen mit enormem zusätzlichem Verwaltungsaufwand zu verhindern. [4]
Außerdem wurde mit dem Betreuungsgeld erstmals eine konkrete Entschädigungszahlung für die Nicht-Inanspruchnahme eines staatlichen Angebotes eingeführt. Folgt man dieser Logik, müssten solche Prämien auch in anderen Bereichen gezahlt werden. So müsste einem Gymnasiasten eine Prämie zustehen, wenn er nach der 10. Klasse das Gymnasium verlässt und somit auf den Besuch der Oberstufe verzichtet. Analog dazu müsste auch dem Abiturienten eine Entschädigung gezahlt werden, wenn er trotz vorhandener Hochschulreife lediglich eine relativ günstige Berufsausbildung absolviert und auf ein teures Studium verzichtet.
Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid für das Nachrichtenmagazin "Focus" plädierten 76% der Deutschen ohnehin dafür, die für das Betreuungsgeld vorgesehenen Mittel besser in den Ausbau der Kita-Plätze fließen zu lassen. Nur 20% der Befragten befürworteten dagegen die geplante Leistung. [5] Andere Umfragen kommen zu ähnlichen Ergebnissen. [4]
Die TV-Moderatorin Lisa Ortgies formulierte die politischen Gründe für das Betreuungsgeld so: „Für das völlig irrationale Festhalten der Regierung am Betreuungsgeld gibt es zwei schlichte Erklärungen: Erstens: Es ist offenkundig, dass der geplante Ausbau der U3-Betreuung nicht zu schaffen ist, und um eine Klagewelle abzubremsen, sollen die Betroffenen mit Barem ruhiggestellt werden. Billiger ist so ein zweites Kindergeld allemal. Zweitens: die Angst vor dem Verlust von erzkonservativen Stammwählern, die im Geiste in der Adenauerrepublik steckengeblieben sind. Ich bin sicher, dass weder Frau Merkel noch Frau Schröder den Schwachsinn dieser wahltaktischen Maßnahme bestreiten, wenn man sie unter vier Augen dazu befragt. Sie haben leider nicht den Mut, zu ihren Überzeugungen zu stehen. […]“ [6]
Das Betreuungsgeld in Höhe von 150 Euro/ Monat wurde zuvor an Eltern gezahlt, die sich dafür entschieden, ihr bis zu drei Jahre altes Kind zu Hause zu behalten, anstatt es in einer Kinderkrippe betreuen zu lassen. Dadurch sollten Eltern, die ihr Kind zuhause betreuen nicht benachteiligt werden gegenüber denen, die eine Kinderbetreuung in Anspruch nehmen.
Das Betreuungsgeld war von Beginn an umstritten, da es unter anderem eine Reihe von Fehlanreizen setzte:
- Für Eltern mit niedrigen Einkommen und niedriger Qualifikation schaffte das Betreuungsgeld einen Anreiz auf den Platz in der Kita zu verzichten und stattdessen lieber die Geldleistung zu beziehen. Insbesondere Kinder aus armen (und damit einhergehend oft bildungsfernen) Familien profitieren jedoch vom Besuch einer Kindertagesstätte. [1]
- Das Betreuungsgeld wurde nicht an Personen gezahlt, die Arbeitslosengeld II (Hartz VI) beziehen. Konsequent umgesetzt bedeutete dies, dass auch alle Aufstocker (Personen die zwar berufstätig sind, aber aufgrund ihres geringen Einkommens zusätzlich Geld vom Staat bekommen) kein Betreuungsgeld erhielten. Die Motivation für diese Gruppe überhaupt noch arbeiten zu gehen, verringerte sich damit noch weiter.
- Für in Teilzeit arbeitende und geringqualifizierte Mütter wurde es noch attraktiver sich vom Arbeitsmarkt zurückzuziehen. [1]
- Werden aufgrund fehlender Kita-Plätze die Eltern gezwungen auf sehr teure private Angebote auszuweichen, kann ein entsprechend hohes Betreuungsgeld sogar die Gruppe der finanziell eigentlich gutgestellten Akademikerinnen mit Kind vom Arbeitsmarkt fernhalten. [2]
Weitere rechtliche Probleme waren absehbar, denn wenn der Gesetzgeber eine neue Sachleistung einführt, darf er keine Gruppe begünstigen oder benachteiligen. Wenn also die Gruppe der zuhause bleibenden Eltern 150 Euro pro Monat bekommt, so müssen die Eltern der Kita-Kinder diese Zahlung ebenfalls erhalten.
Das Betreuungsgeld sollte nicht an Personen gezahlt werden, die Leistungen nach dem SGB II erhalten. Es stellte sich jedoch die Frage, wie die bezugsberechtigten Personenkreise genau voneinander abgegrenzt werden sollten. Ein pauschaler Ausschluss von Personen, die solche Leistungen erhalten ist rechtlich fragwürdig, da dies auch Personen betreffen würde, die Leistungen als Aufstocker (Personen die zwar berufstätig sind, aber aufgrund ihres geringen Einkommens zusätzlich Geld vom Staat bekommen) beziehen. Es fehlte eine schlüssige und rechtlich haltbare Begründung, warum diese Gruppe gegenüber anderen in Vollzeit arbeitenden Personen beim Betreuungsgeld benachteiligt werden darf. [3]
Zusätzlich wurde durch das Betreuungsgeld ein neuer Kontrollbedarf und Verwaltungsaufwand bzw. Möglichkeiten zum Missbrauch von Sozialleistungen geschaffen. So konnte das Betreuungsgeld in Anspruch genommen werden und das Kind trotzdem ohne Probleme gleichzeitig irgendwo eine Betreuungseinrichtung besuchen. Hier bestand nur die Möglichkeit entweder den vereinzelten Leistungsmissbrauch als gegeben hinzunehmen oder diesen mit enormem zusätzlichem Verwaltungsaufwand zu verhindern. [4]
Außerdem wurde mit dem Betreuungsgeld erstmals eine konkrete Entschädigungszahlung für die Nicht-Inanspruchnahme eines staatlichen Angebotes eingeführt. Folgt man dieser Logik, müssten solche Prämien auch in anderen Bereichen gezahlt werden. So müsste einem Gymnasiasten eine Prämie zustehen, wenn er nach der 10. Klasse das Gymnasium verlässt und somit auf den Besuch der Oberstufe verzichtet. Analog dazu müsste auch dem Abiturienten eine Entschädigung gezahlt werden, wenn er trotz vorhandener Hochschulreife lediglich eine relativ günstige Berufsausbildung absolviert und auf ein teures Studium verzichtet.
Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid für das Nachrichtenmagazin "Focus" plädierten 76% der Deutschen ohnehin dafür, die für das Betreuungsgeld vorgesehenen Mittel besser in den Ausbau der Kita-Plätze fließen zu lassen. Nur 20% der Befragten befürworteten dagegen die geplante Leistung. [5] Andere Umfragen kommen zu ähnlichen Ergebnissen. [4]
Die TV-Moderatorin Lisa Ortgies formulierte die politischen Gründe für das Betreuungsgeld so: „Für das völlig irrationale Festhalten der Regierung am Betreuungsgeld gibt es zwei schlichte Erklärungen: Erstens: Es ist offenkundig, dass der geplante Ausbau der U3-Betreuung nicht zu schaffen ist, und um eine Klagewelle abzubremsen, sollen die Betroffenen mit Barem ruhiggestellt werden. Billiger ist so ein zweites Kindergeld allemal. Zweitens: die Angst vor dem Verlust von erzkonservativen Stammwählern, die im Geiste in der Adenauerrepublik steckengeblieben sind. Ich bin sicher, dass weder Frau Merkel noch Frau Schröder den Schwachsinn dieser wahltaktischen Maßnahme bestreiten, wenn man sie unter vier Augen dazu befragt. Sie haben leider nicht den Mut, zu ihren Überzeugungen zu stehen. […]“ [6]
Die Regierung veranschlagte für die Übergangsphase im Jahr 2013 Ausgaben von 400 Millionen Euro, für das Jahr 2014 standen ca. 1,2 Milliarden Euro bereit. Laut einer Studie des Mannheimer Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung hätte das Betreuungsgeld den Staat aber eher zwischen 1,4 und 1,9 Milliarden Euro im Jahr gekostet. Nach den Berechnungen des ZEW könnten die Eltern von etwa 1,1 Millionen Kindern jährlich die Leistung in Anspruch nehmen. Dies sind 445.000 mehr als die Schätzung der Regierung. Die zusätzlichen Kosten beliefen sich auf ca. 800 Millionen Euro im Jahr. [7]
Im zweiten Quartal des Jahres 2014 wurden 224.400
laufende Bezüge von Betreuungsgeld gemeldet. Dabei haben im früheren
Bundesgebiet fast 80% der Leistungsbeziehenden den Antrag auf Betreuungsgeld
für den maximal möglichen Bezugszeitraum von 22 Monaten gestellt; in den neuen
Ländern (einschließlich Berlin) lediglich 40%. Die voraussichtliche Bezugsdauer
ist dementsprechend in den neuen Ländern mit durchschnittlich 13,7 Monaten
deutlich kürzer als im früheren Bundesgebiet (19,6 Monate). Bezogen wird das Betreuungsgeld mit rund 95 % hauptsächlich
von Müttern. (Im Ländervergleich fällt die Geschlechterverteilung
unterschiedlich aus, wobei es in Bremen mit fast 11 % den mit Abstand höchsten
Anteil an männlichen Beziehern gab.) Gut die Hälfte (51 %) der Kinder, für die
Betreuungsgeld bezogen wurde, waren das einzige Kind im Haushalt. In 34% der Fälle war noch ein weiteres Kind Teil der Familie, aber nur 16% der
Kinder lebten mit zwei oder mehr Geschwistern zusammen. Übrigens sind ca. 85 % der Beziehenden deutsche Staatsbürger. [8]
Die Fortschritte beim Ausbau der Betreuungsplätze unterscheiden sich in den jeweiligen Bundesländern stark. Die Grafik zeigt die prozentuale Veränderung der Zahl der Kinder unter 3 Jahren in Kindertagesbetreuung im Vergleich zum Vorjahr. In allen Bundesländern hat die Zahl zugenommen. Vor allem in Nordrhein-Westfalen und in Bremen gab es starke Zuwächse.
In den östlichen Bundesländern fallen die Steigerungen geringer aus – allerdings sind die absoluten Zahlen der KiTa-Plätze hier bereits sehr ausgeprägt. Insgesamt waren am Stichtag, dem 1. März 2014, 661.965 Kinder unter 3 Jahren in Kindertagesbetreuung, davon 211.163 in den sogenannten "Neuen Ländern", zu denen hier auch Berlin vollständig gezählt wird. [9]
In den östlichen Bundesländern fallen die Steigerungen geringer aus – allerdings sind die absoluten Zahlen der KiTa-Plätze hier bereits sehr ausgeprägt. Insgesamt waren am Stichtag, dem 1. März 2014, 661.965 Kinder unter 3 Jahren in Kindertagesbetreuung, davon 211.163 in den sogenannten "Neuen Ländern", zu denen hier auch Berlin vollständig gezählt wird. [9]
Das Betreuungsgeld ist eines von vielen Beispielen für die wachsende Distanz zwischen den planlosen Aktionen der politischen Führung und den Wünschen der Bevölkerung Deutschlands. Anstatt ein Betreuungsgeld einzuführen, hätte der Staat lieber gleich ein verlässliches Betreuungsangebot in Form von Kinderkrippen, Kindergärten und Kindertagesstätten schaffen sollen.
Stand: Juli 2015
[1] Studie von Christina Gathmann und Björn Sass vom Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit (IZA) zum bereits 2006 eingeführten thüringischen Erziehungsgeld: http://ftp.iza.org/dp6440.pdf
[2] http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/urteil-kommunen-muessen-private-krippe-bezahlen-12571506.html
[3] http://www.sueddeutsche.de/k5238D/558859/Juristische-Zweifel-am-Betreuungsgeld.html
[4] http://www.welt.de/politik/deutschland/article111033937/Kommunen-fuerchten-Betreuungsgeld-Missbrauch.html
[5] http://www.focus.de/magazin/kurzfassungen/focus-15-2012-deutsche-lehnen-betreuungsgeld-ab_aid_733756.html
[6] http://www.spiegel.de/fotostrecke/fotostrecke-81175-14.html bzw. http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,828027,00.html
[7] http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,825563,00.html
[8] https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressemitteilungen/2014/08/PD14_294_229.html
[9] http://de.statista.com/infografik/2465/veraenderung-der-zahl-der-kinder-unter-3-jahren-in-kindertagesbetreuung-zum-vorjahr
Tags: Betreuungsgeld Herdprämie zweites Kindergeld Bundestag Rechtsanspruch Kita Krippen platz plätze Kindertagesstätte Bundesleistung Land Kommunen Städte Jugendämter Datenschutz Sozialmissbrauch Pflege Eltern Kind Bundes Verwaltung Verfassung Gericht Urteil verfassungswidrig
Stand: Juli 2015
[1] Studie von Christina Gathmann und Björn Sass vom Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit (IZA) zum bereits 2006 eingeführten thüringischen Erziehungsgeld: http://ftp.iza.org/dp6440.pdf
[2] http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/urteil-kommunen-muessen-private-krippe-bezahlen-12571506.html
[3] http://www.sueddeutsche.de/k5238D/558859/Juristische-Zweifel-am-Betreuungsgeld.html
[4] http://www.welt.de/politik/deutschland/article111033937/Kommunen-fuerchten-Betreuungsgeld-Missbrauch.html
[5] http://www.focus.de/magazin/kurzfassungen/focus-15-2012-deutsche-lehnen-betreuungsgeld-ab_aid_733756.html
[6] http://www.spiegel.de/fotostrecke/fotostrecke-81175-14.html bzw. http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,828027,00.html
[7] http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,825563,00.html
[8] https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressemitteilungen/2014/08/PD14_294_229.html
[9] http://de.statista.com/infografik/2465/veraenderung-der-zahl-der-kinder-unter-3-jahren-in-kindertagesbetreuung-zum-vorjahr
Tags: Betreuungsgeld Herdprämie zweites Kindergeld Bundestag Rechtsanspruch Kita Krippen platz plätze Kindertagesstätte Bundesleistung Land Kommunen Städte Jugendämter Datenschutz Sozialmissbrauch Pflege Eltern Kind Bundes Verwaltung Verfassung Gericht Urteil verfassungswidrig