Das deutsche Opferentschädigungsgesetz regelt eine eigenständige staatliche Entschädigung über die allgemeinen sozialen Sicherungssysteme und die Sozialhilfe hinaus für die Opfer von Gewalttaten.
Der Leitgedanke des Gesetzes ist die Verantwortung des Staates, seine Bürger vor Gewalttaten und Schädigungen durch kriminelle Handlungen zu schützen, da er der Träger des Gewaltmonopols und der Verbrechensverhütung und -bekämpfung ist. Versagt dieser Schutz, so haftet der Staat dem Opfer nach den Voraussetzungen des Opferentschädigungsgesetzes.
Eine Gewalttat ist dabei als ein vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff gegen eine Person definiert - entsprechend umfasst dies auch Sexualstraftaten und sexuelle Übergriffe gegenüber Minderjährigen. Zudem ist die wenigstens fahrlässige Herbeiführung einer Gefahr für Leib und Leben eines anderen durch ein mit gemeingefährlichen Mitteln begangenes Verbrechen (z.B. Brandstiftung, Sprengstoffanschlag) einem tätlichen Angriff gleichzustellen. Wer in Deutschland Opfer eines Terroranschlages wird, welcher durch bessere Arbeit der staatlichen Stellen hätte verhindert werden können, hat folglich theoretisch Anspruch auf eine Entschädigung.
Wer unverschuldet zu Schaden kommt, hat in bestimmten Fällen gegenüber dem deutschen Staat Anspruch auf Entschädigung.
Anspruchsberechtigte
Anspruchsberechtigt sind Personen, die durch einen vorsätzlichen, rechtswidrigen Angriff innerhalb des deutschen Staatsgebietes eine gesundheitliche Schädigung erlitten haben. Auch Hinterbliebene von Personen, die infolge der gesundheitlichen Schädigung gestorben sind, haben einen Anspruch auf Leistungen. Seit dem 1. Juli 2009 werden auch - eingeschränkt - Leistungen bei Gewalttaten im Ausland erbracht.
Leistungen
Bei Gewalttaten innerhalb des deutschen Staatsgebietes wird Entschädigung für alle Gesundheitsschäden geleistet, die sich aus einem vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff ergeben, sowie für wirtschaftlichen Folgen der Gesundheitsschädigung. Psychische Beeinträchtigungen sind als Gesundheitsschäden anerkannt. Umfang und Höhe der zu erbringenden Leistungen richten sich grundsätzlich nach den auch für die Versorgung der Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen geltenden Regelungen des Sozialen Entschädigungsrechts, das unterschiedliche Einzelleistungen vorsieht:
Entschädigung wird oft nicht bewilligt
Von den unter dem Begriff Gewaltkriminalität erfassten Straftaten wird in nur rund 10% der Fälle von den eventuell Anspruchsberechtigten ein Antrag gestellt. Von den gestellten Anträgen wird wiederum lediglich ein Drittel anerkannt. [1]
Eine Entschädigung/ Versorgung wird versagt, wenn der Geschädigte die Schädigung selbst (mit)verursacht hat oder wenn es aus anderen Gründen unbillig wäre, Versorgung zu gewähren. Unbilligkeit ist gegeben, wenn der Geschädigte z.B. einer kriminellen Organisation angehört und in diesem Zusammenhang angegriffen wird. Der Anspruch entfällt auch, wenn die gezahlten Versorgungsleistungen letztlich dem Täter zukommen würden. Dies ist insbesondere bei innerfamiliärer Gewalt des Vaters oder der Mutter denkbar.
Für das Staatshaftungsrecht zuständig ist die 1. Zivilkammer des Landgerichtes Bonn. Diese war in der Vergangenheit z.B. mit dem gegen die BRD gerichteten Rechtsstreit um Entschädigungsleistungen für eventuell radarstrahlengeschädigte Soldaten befasst.
Stand: März 2016
[1] https://www.weisser-ring.de/internet/medien/statistiken-zur-staatlichen-opferentschaedigung
https://www.weisser-ring.de/fileadmin/content/OEG-Statistik/OEG_Statistik_2013.pdf
Tags: staatliche Opfer Entschädigung Gesetz Recht Leistungen BRD Deutschland Bundeswehr Soldaten Wehrdienstbeschädigung Traumata Kriegsopferfürsorge Weißer Ring
Der Leitgedanke des Gesetzes ist die Verantwortung des Staates, seine Bürger vor Gewalttaten und Schädigungen durch kriminelle Handlungen zu schützen, da er der Träger des Gewaltmonopols und der Verbrechensverhütung und -bekämpfung ist. Versagt dieser Schutz, so haftet der Staat dem Opfer nach den Voraussetzungen des Opferentschädigungsgesetzes.
Eine Gewalttat ist dabei als ein vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff gegen eine Person definiert - entsprechend umfasst dies auch Sexualstraftaten und sexuelle Übergriffe gegenüber Minderjährigen. Zudem ist die wenigstens fahrlässige Herbeiführung einer Gefahr für Leib und Leben eines anderen durch ein mit gemeingefährlichen Mitteln begangenes Verbrechen (z.B. Brandstiftung, Sprengstoffanschlag) einem tätlichen Angriff gleichzustellen. Wer in Deutschland Opfer eines Terroranschlages wird, welcher durch bessere Arbeit der staatlichen Stellen hätte verhindert werden können, hat folglich theoretisch Anspruch auf eine Entschädigung.
Wer unverschuldet zu Schaden kommt, hat in bestimmten Fällen gegenüber dem deutschen Staat Anspruch auf Entschädigung.
- Ehemalige Heimkinder - Wer in den Jahren zwischen 1949 bis 1975 in einer stationären Erziehungseinrichtung untergebracht war und dort Misshandlung erfahren musste, hat ggf. Anspruch auf eine staatliche Entschädigung.
- Opfer von Gewalttaten - Wer vorsätzlich und rechtswidrig angegriffen wurde und durch diese Gewalttat gesundheitlich geschädigt wurde, hat unter Umständen Ansprüche auf Entschädigung.
- Kriegsopferversorgung - Opfer der beiden Weltkriege können Versorgungsleistungen erhalten. Dies umfasst nicht nur Soldaten und die Witwen und Waisen der Gefallenen, sondern auch Kriegsopfer in der Zivilbevölkerung.
- Soldatenversorgung - Ein Soldat, der eine sogenannte Wehrdienstbeschädigung erlitten hat, kann nach Beendigung des Wehrdienstverhältnisses wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Wehrdienstbeschädigung auf Antrag eine entsprechende Versorgung erhalten.
- Versorgung Zivildienstleistender - Wenn ein Dienstpflichtiger durch den Zivildienst eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, kann er nach Beendigung des Dienstverhältnisses einen Antrag auf entsprechende Versorgung wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung stellen.
- Impfopfer - Wenn durch eine gesetzlich vorgeschriebene oder von einer zuständigen Behörde empfohlene Impfung (z. B. Pockenimpfung, Polioimpfung) eine gesundheitliche Schädigung eintritt, können beim Versorgungsamt der jeweiligen Stadt Ansprüche auf eine Entschädigung geltend gemacht werden.
- SED-Unrecht - Opfer rechtsstaatswidriger straf- oder verwaltungsrechtlicher Entscheidungen im Beitrittsgebiet (ehem. DDR) in der Zeit vom 8. Mai 1945 bis 2. Oktober 1990, die infolge der Freiheitsentziehung bzw. durch die Verwaltungsentscheidung eine gesundheitliche Schädigung erhalten haben, können wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgungsleistungen erhalten.
- Häftlingshilfe - Leistungen nach dem Häftlingshilfegesetz können Personen erhalten, die in der ehemaligen sowjetischen Besatzungszone, im ehemaligen sowjetischen Sektor von Berlin oder in den ehemals deutschen Gebieten aus politischen und nach freiheitlich demokratischer Auffassung von ihnen nicht zu vertretenden Gründen in Gewahrsam genommen wurden und dabei einen Gesundheitsschaden erlitten haben.
Anspruchsberechtigte
Anspruchsberechtigt sind Personen, die durch einen vorsätzlichen, rechtswidrigen Angriff innerhalb des deutschen Staatsgebietes eine gesundheitliche Schädigung erlitten haben. Auch Hinterbliebene von Personen, die infolge der gesundheitlichen Schädigung gestorben sind, haben einen Anspruch auf Leistungen. Seit dem 1. Juli 2009 werden auch - eingeschränkt - Leistungen bei Gewalttaten im Ausland erbracht.
Leistungen
Bei Gewalttaten innerhalb des deutschen Staatsgebietes wird Entschädigung für alle Gesundheitsschäden geleistet, die sich aus einem vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff ergeben, sowie für wirtschaftlichen Folgen der Gesundheitsschädigung. Psychische Beeinträchtigungen sind als Gesundheitsschäden anerkannt. Umfang und Höhe der zu erbringenden Leistungen richten sich grundsätzlich nach den auch für die Versorgung der Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen geltenden Regelungen des Sozialen Entschädigungsrechts, das unterschiedliche Einzelleistungen vorsieht:
- Heil- und Krankenbehandlung, die weitergeleistet wird, solange die gesundheitlichen Folgen der Tat fortbestehen;
- Heil- und Hilfsmittel (Medikamente, Prothesen, Zahnersatz, Brillen usw.);
- Rehabilitationsmaßnahmen;
- Anspruch auf eine monatliche Rente, falls dauerhafte gesundheitliche Beeinträchtigungen bestehen (Höhe gestaffelt ab einem anerkannten Grad der Schädigungsfolgen von 30 bis 100); sie wird unabhängig von Einkommen und Vermögen des Antragstellers bezahlt sowie jährlich an die Entwicklung in der gesetzlichen Rentenversicherung angepasst;
- Anspruch auf zusätzliche einkommensabhängige, monatliche Rentenleistungen, wenn sich die gesundheitliche Störung negativ auf das Einkommen ausgewirkt hat;
- zusätzliche Leistungen, z.B. Hilfen zur Weiterführung des Haushalts, Hilfe zur Pflege bei wirtschaftlicher Bedürftigkeit;
- ergänzende, meist einkommensabhängige Leistungen der Kriegsopferfürsorge bei besonderem Bedarf, z.B. Hilfe zur Pflege, ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt.
Entschädigung wird oft nicht bewilligt
Von den unter dem Begriff Gewaltkriminalität erfassten Straftaten wird in nur rund 10% der Fälle von den eventuell Anspruchsberechtigten ein Antrag gestellt. Von den gestellten Anträgen wird wiederum lediglich ein Drittel anerkannt. [1]
Eine Entschädigung/ Versorgung wird versagt, wenn der Geschädigte die Schädigung selbst (mit)verursacht hat oder wenn es aus anderen Gründen unbillig wäre, Versorgung zu gewähren. Unbilligkeit ist gegeben, wenn der Geschädigte z.B. einer kriminellen Organisation angehört und in diesem Zusammenhang angegriffen wird. Der Anspruch entfällt auch, wenn die gezahlten Versorgungsleistungen letztlich dem Täter zukommen würden. Dies ist insbesondere bei innerfamiliärer Gewalt des Vaters oder der Mutter denkbar.
Für das Staatshaftungsrecht zuständig ist die 1. Zivilkammer des Landgerichtes Bonn. Diese war in der Vergangenheit z.B. mit dem gegen die BRD gerichteten Rechtsstreit um Entschädigungsleistungen für eventuell radarstrahlengeschädigte Soldaten befasst.
Stand: März 2016
[1] https://www.weisser-ring.de/internet/medien/statistiken-zur-staatlichen-opferentschaedigung
https://www.weisser-ring.de/fileadmin/content/OEG-Statistik/OEG_Statistik_2013.pdf
Tags: staatliche Opfer Entschädigung Gesetz Recht Leistungen BRD Deutschland Bundeswehr Soldaten Wehrdienstbeschädigung Traumata Kriegsopferfürsorge Weißer Ring