Aufgabe der Wirtschaftsweisen (eigentlich: Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung) ist die periodische Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Dies soll zur Urteilsbildung aller wirtschaftspolitisch verantwortlichen Instanzen sowie der Öffentlichkeit beitragen.
Da viele Journalisten unter chronischem Zeitdruck stehen und ihnen oft auch das Fachwissen zur Beurteilung von wirtschaftlichen Analysen fehlt, werden die vorgelegten Gutachten des Sachverständigenrates meist auf eine einzige Zahl reduziert: das erwartete Wirtschafswachstum. Da diese als Prognose missverstandene Modellrechnung in der Vergangenheit allerdings zu oft weit von der Realität entfernt war, erscheinen die Wirtschaftsweisen zunehmend unglaubwürdiger.
Darüber hinaus treten die Wirtschaftsweisen -von vereinzelten Sonderstudien abgesehen- lediglich einmal im Jahr in Erscheinung. Sie übergeben im November eines jeden Jahres ihr Gutachten und werden sodann wieder ignoriert. Im Gegensatz dazu präsentieren in der schnelllebigen Wirtschaft beinahe täglich irgendwelche Wirtschaftsforschungsinstitute oder Lobbygruppen ihre Expertise. Der Rat der Weisen erscheint im Vergleich dazu trotz des neoliberalen Charakters eher behäbig und ewig gestrig.
Die Gutachten scheinen zudem schon lange nicht mehr als Grundlage einer informierten Diskussion über die Wirtschaftspolitik zu dienen. Zumindest fällt die Reaktion der Bundesregierung stets gleich aus: statt sich einer inhaltlichen Auseinandersetzung zu stellen, weisen die Politiker die vom Gutachten vorgebrachten Kritikpunkte pauschal als persönliche Kränkung beleidigt zurück.
So wies die Bundeskanzlerin bei der Übergabe des Jahresgutachtens 2016/17 den von den Wirtschaftsweisen erhobenen Vorwurf mangelnder Reformfreudigkeit zurück. "Ich glaube, die Bundesregierung fühlt und denkt so, dass sie permanent Reformen macht.“
Schon in den Jahren zuvor wies Angela Merkel die von den Wirtschaftsweisen vorgebrachte Kritikpunkte stets zurück und offenbarte nebenbei ihr fehlendes Verständnis für fundamentale wirtschaftliche Zusammenhänge. So meinte sie zum Beispiel, dass die von dem Rat prognostizierten negativen Effekte des Mindestlohnes Ende des Jahres 2014 noch gar nicht eingetreten sein könnten, da dieser erst ab 2015 gelten werde. [1] (Die Tatsache, dass Unternehmen die Einführung neuer Gesetzte antizipieren und schon vorher proaktiv Vermeidungsstrategien implementieren, liegt offensichtlich jenseits der Vorstellungskraft der Bundeskanzlerin.)
Da ohnehin keine Auseinandersetzung mit der Kritik stattfindet, regte Klaus Ernst, Vizechef der Linksfraktion im Bundestag, bereits vor Jahren die Auflösung des Rates an: „Den Rat in seiner jetzigen Form halte ich für überflüssig, das Geld kann man sich sparen.“
Es stellt sich in der Tat die Frage, warum die Arbeit der Wirtschaftsweisen den Steuerzahler jedes Jahr fast 2 Millionen Euro kostet, denn die immer gleichen Empfehlungen zur Deregulierung, etc. bieten z.B. die Lobbyisten der INSM auf der Internetseite der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft seit Jahren kostenfrei an. Schon die Titel der Gutachten wie "Zukunftsfähigkeit in den Mittelpunkt" sowie insbesondere „Mehr Vertrauen in Marktprozesse” (Gutachten 2014/2015) machen die kritiklose neoliberale Agenda deutlich. [5]
Eine etwas nähere Betrachtung der Mitglieder des Sachverständigenrates zeigt, dass drei von ihnen enge Verbindungen zu Stiftungen oder Verbänden der Arbeitgeber sowie neoliberalen Lobbygruppen haben:
[1] http://www.faz.net/aktuell/beruf-chance/arbeitswelt/gesetzlicher-mindestlohn-beeinflusst-deutschlands-wirtschaft-13266527.html
[2] https://lobbypedia.de/wiki/Christoph_M._Schmidt
[3] https://lobbypedia.de/wiki/Lars_P._Feld
[4] https://lobbypedia.de/wiki/Volker_Wielandhttp://www.sachverstaendigenrat
[5] Aktuelles Gutachten "Zeit für Reformen" http://www.sachverstaendigenrat-wirtschaft.de/jahresgutachten-2016-2017.html
Ältere Gutachten finden sich hier: http://www.sachverstaendigenrat-wirtschaft.de/fruehere_jahresgutachten.html
Tags: Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung SVR Herbstgutachten BIP Prognose Fünf Weise Wirtschaftsweise Peter Bofinger Christoph Schmidt Volker Wieland Lars P. Feld Claudia Maria Buch Prof. Dr. Isabel Schnabel Jahreswirtschaftsbericht Bundesregierung
Da viele Journalisten unter chronischem Zeitdruck stehen und ihnen oft auch das Fachwissen zur Beurteilung von wirtschaftlichen Analysen fehlt, werden die vorgelegten Gutachten des Sachverständigenrates meist auf eine einzige Zahl reduziert: das erwartete Wirtschafswachstum. Da diese als Prognose missverstandene Modellrechnung in der Vergangenheit allerdings zu oft weit von der Realität entfernt war, erscheinen die Wirtschaftsweisen zunehmend unglaubwürdiger.
Darüber hinaus treten die Wirtschaftsweisen -von vereinzelten Sonderstudien abgesehen- lediglich einmal im Jahr in Erscheinung. Sie übergeben im November eines jeden Jahres ihr Gutachten und werden sodann wieder ignoriert. Im Gegensatz dazu präsentieren in der schnelllebigen Wirtschaft beinahe täglich irgendwelche Wirtschaftsforschungsinstitute oder Lobbygruppen ihre Expertise. Der Rat der Weisen erscheint im Vergleich dazu trotz des neoliberalen Charakters eher behäbig und ewig gestrig.
Die Gutachten scheinen zudem schon lange nicht mehr als Grundlage einer informierten Diskussion über die Wirtschaftspolitik zu dienen. Zumindest fällt die Reaktion der Bundesregierung stets gleich aus: statt sich einer inhaltlichen Auseinandersetzung zu stellen, weisen die Politiker die vom Gutachten vorgebrachten Kritikpunkte pauschal als persönliche Kränkung beleidigt zurück.
So wies die Bundeskanzlerin bei der Übergabe des Jahresgutachtens 2016/17 den von den Wirtschaftsweisen erhobenen Vorwurf mangelnder Reformfreudigkeit zurück. "Ich glaube, die Bundesregierung fühlt und denkt so, dass sie permanent Reformen macht.“
Schon in den Jahren zuvor wies Angela Merkel die von den Wirtschaftsweisen vorgebrachte Kritikpunkte stets zurück und offenbarte nebenbei ihr fehlendes Verständnis für fundamentale wirtschaftliche Zusammenhänge. So meinte sie zum Beispiel, dass die von dem Rat prognostizierten negativen Effekte des Mindestlohnes Ende des Jahres 2014 noch gar nicht eingetreten sein könnten, da dieser erst ab 2015 gelten werde. [1] (Die Tatsache, dass Unternehmen die Einführung neuer Gesetzte antizipieren und schon vorher proaktiv Vermeidungsstrategien implementieren, liegt offensichtlich jenseits der Vorstellungskraft der Bundeskanzlerin.)
Da ohnehin keine Auseinandersetzung mit der Kritik stattfindet, regte Klaus Ernst, Vizechef der Linksfraktion im Bundestag, bereits vor Jahren die Auflösung des Rates an: „Den Rat in seiner jetzigen Form halte ich für überflüssig, das Geld kann man sich sparen.“
Es stellt sich in der Tat die Frage, warum die Arbeit der Wirtschaftsweisen den Steuerzahler jedes Jahr fast 2 Millionen Euro kostet, denn die immer gleichen Empfehlungen zur Deregulierung, etc. bieten z.B. die Lobbyisten der INSM auf der Internetseite der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft seit Jahren kostenfrei an. Schon die Titel der Gutachten wie "Zukunftsfähigkeit in den Mittelpunkt" sowie insbesondere „Mehr Vertrauen in Marktprozesse” (Gutachten 2014/2015) machen die kritiklose neoliberale Agenda deutlich. [5]
Eine etwas nähere Betrachtung der Mitglieder des Sachverständigenrates zeigt, dass drei von ihnen enge Verbindungen zu Stiftungen oder Verbänden der Arbeitgeber sowie neoliberalen Lobbygruppen haben:
- Christoph M. Schmidt (seit März 2009; Vorsitzender seit März 2013) - Präsident des Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung (RWI), Vorsitzender des Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (SVR) und Mitglied des Kuratoriums der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung, die mit rund 23 % an der ThyssenKrupp AG beteiligt ist. Von 2010 - 2012 war er Mitglied des Aktionsrat Marktwirtschaft. [2]
- Lars Peter Feld (seit März 2011) - Leiter des Walter Eucken Instituts. Mitglied diverser neoliberaler Netzwerke (Stiftung Marktwirtschaft, Ludwig-Erhard-Stiftung, ECONWATCH) sowie Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des Wirtschaftsrat der CDU. [3]
- Volker Wieland (seit März 2013) - Inhaber der Stiftungsprofessur für Monetäre Ökonomie des Institute for Monetary and Financial Stability (IMFS) an der Uni Frankfurt und Geschäftsführender Direktor des IMFS, eines von der Stiftung Geld und Währung geförderten Instituts. Weiterhin ist er Mitglied des Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und des Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministerium der Finanzen. Mitglied des "Kronberger Kreises" der Stiftung Marktwirtschaft. [4]
- Peter Bofinger (seit März 2004) - Keynesianer und Anhänger der nachfrageorientierten Wirtschaftspolitik.
- Isabel Schnabel (seit Juni 2014) - Die für Claudia M. Buch im Sommer 2014 nachgerückte Quotenfrau.
[1] http://www.faz.net/aktuell/beruf-chance/arbeitswelt/gesetzlicher-mindestlohn-beeinflusst-deutschlands-wirtschaft-13266527.html
[2] https://lobbypedia.de/wiki/Christoph_M._Schmidt
[3] https://lobbypedia.de/wiki/Lars_P._Feld
[4] https://lobbypedia.de/wiki/Volker_Wielandhttp://www.sachverstaendigenrat
[5] Aktuelles Gutachten "Zeit für Reformen" http://www.sachverstaendigenrat-wirtschaft.de/jahresgutachten-2016-2017.html
Ältere Gutachten finden sich hier: http://www.sachverstaendigenrat-wirtschaft.de/fruehere_jahresgutachten.html
Tags: Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung SVR Herbstgutachten BIP Prognose Fünf Weise Wirtschaftsweise Peter Bofinger Christoph Schmidt Volker Wieland Lars P. Feld Claudia Maria Buch Prof. Dr. Isabel Schnabel Jahreswirtschaftsbericht Bundesregierung