Es liegt in der Verantwortung des Anlegers sich umfassend über die Geldanlage zu informieren. Ein Gespräch mit dem Berater der Bank ist nur sinnvoll, wenn die Empfehlungen nachvollzogen werden können. Generell sollten nur Finanzprodukte erworben werden, deren Struktur, Funktionsweise und Risiko der Anleger auch wirklich verstanden hat.
Im Zusammenhang mit der Immobilen-/ Bankenkrise wurde die Qualität der Anlageberatung durch Banken und Sparkassen in Deutschland stark kritisiert - insbesondere die fehlende Risikoaufklärung in Bezug auf den denkbaren Fall der Insolvenz von Lehman Brothers Inc. (Emittentenrisiko). Obwohl Kritik an der Qualität der Beratungsleistung der Finanzinstitute in Deutschland grundsätzlich berechtigt ist, ist die alleinige Fokussierung auf die Fehler der Banken nur bedingt hilfreich, da das Problem vielschichtiger ist.
Probleme auf Seiten der Bank:
Neben des in Bezug auf Vollständigkeit, Einheitlichkeit und Verständlichkeit bestehenden Verbesserungsbedarfs des PRIB, stellt sich die Frage der generellen Sinnhaftigkeit dieses Vorgehens. Alle in dem Blatt gegebenen Informationen standen dem potentiellen Anleger auch früher schon zur Verfügung. Das Problem ist nicht fehlende Information, sondern die Bereitschaft des Kunden sich damit vertraut zu machen. Die eigentlichen Probleme werden durch die Einführung des Produktinformationsblattes in keiner Weise gelöst.
Auch die mittlerweile vorgeschriebenen Beratungsprotokolle und das im Jahr 2012 für Bankberater eingeführten Bafin-Registers resultiert nicht in mehr Qualität, sondern letztendlich in weniger Beratung. Fazit des Vorstandsvorsitzender der DWP Bank, Markus Walch: „Die Regulierungswelle hat definitiv dazu geführt, dass Beratung bei Aktiengeschäften nahezu nicht mehr stattfindet und somit der Anleger auf sich gestellt ist.“ Darüber hinaus wird entgegen der eigentlichen Intention letztendlich nicht die Rechtsposition des Kunden, sondern vielmehr die der Bank gestärkt. Diese hat mit dem Beratungsprotokoll nun ein Dokument mit Kundenunterschrift, welches besagt, dass sie den Kunden vollumfänglich über alle Risiken aufgeklärt hat.
Ein weiterer unerwünschter Nebeneffekt ist die Gefahr, dass uninformierte Anleger nun in der Hoffnung auf hohe Renditen und einer gefühlt kompetenten Beratung auf den Grauen Kapitalmarkt ausweichen und dort erst recht in risikoreiche Anlagen gedrängt werden.
Auf Seiten der Banken und Sparkassen reagiert man, wie es heute in „modernen“ Konzernen üblich ist: Nach außen hin versuchen die Institute das verlorengegangene Vertrauen der Kunden wiederzugewinnen indem sie sich als Beraterbank inszenieren und vorgeblich allein um das Kundenwohl besorgt sind. Gleichzeitig werden intern die Verkaufsziele und der Druck auf die Mitarbeiter weiter erhöht. Selbst bei den früher eher gemütlichen Sparkassen müssen die Mitarbeiter inzwischen mitunter täglich an ihren Vorgesetzten berichten. Die Entscheidungsfreiheit der einzelnen Mitarbeiter wurde mittlerweile meist abgeschafft – ihre Aufgabe besteht nur noch darin ein möglichst hohes Volumen des jeweils vorgegebenen Produkts schnell in den Markt zu drücken. [7]
Diese Vorgehensweise der Finanzinstitute ist ein trauriger Beweis dafür, dass diese nichts aus der jüngsten Finanzkrise gelernt haben. Sie versuchen weiterhin schnellen Ertrag zu generieren und ignorieren damit den Wunsch der Kunden nach fairer Beratung und langfristig orientierter Kundenbindung. Die logische Folge: Kunden verzichten auf die „Beratung“ durch Finanzinstitute. [8]
Für viele Bankmitarbeiter indes ist die verlogene Behandlung durch ihre Arbeitgeber kaum noch zu ertragen. Auf Probleme mit dem Verkaufsdruck angesprochen, wird von Seiten des Arbeitgebers auf die heute üblichen Alibi-Maßnahmen zur Gesundheitsvorsorge
hingewiesen. [7] Das Beispiel Deutsche Bank verdeutlicht wie die Realität aussieht: jeder 13. Angestellte leidet dort an Burn-Out. [9]
Stand: Februar 2014
[1] http://www.faz.net/aktuell/finanzen/strategie-trends/interview-ein-bankberater-packt-aus-16952.html
[2] http://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=1669015
[3] http://www.faz.net/aktuell/finanzen/strategie-trends/faz-net-spezial-geldanlage-muendige-anleger-17265.html
[4] http://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=1360440#
[5] http://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=1701777
[6] http://de.wikipedia.org/wiki/Produktinformationsblatt_(Finanzberatung) und http://www.zertifikateberater.de/downloads/2/561 (zweiseitiges .pdf)
[7] http://www.faz.net/aktuell/finanzen/meine-finanzen/sparen-und-geld-anlegen/nachrichten/bankberatung-der-druck-auf-die-anlageberater-waechst-12600264.html
[8] http://www.handelsblatt.com/unternehmen/banken/kein-vertrauen-kunden-geben-banken-schlechte-noten/8792488.html sowie
http://www.wiwo.de/unternehmen/banken/anlageentscheidungen-banken-verlieren-vertrauen-der-privatanleger-/9473566.html
[9] http://www.wiwo.de/erfolg/beruf/psychische-belastbarkeit-in-welchen-firmen-burn-out-oft-auftritt/6675034.html?slp=false&p=6&a=false#image
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Im Zusammenhang mit der Immobilen-/ Bankenkrise wurde die Qualität der Anlageberatung durch Banken und Sparkassen in Deutschland stark kritisiert - insbesondere die fehlende Risikoaufklärung in Bezug auf den denkbaren Fall der Insolvenz von Lehman Brothers Inc. (Emittentenrisiko). Obwohl Kritik an der Qualität der Beratungsleistung der Finanzinstitute in Deutschland grundsätzlich berechtigt ist, ist die alleinige Fokussierung auf die Fehler der Banken nur bedingt hilfreich, da das Problem vielschichtiger ist.
Probleme auf Seiten der Bank:
- Verkaufsdruck: Die Berater sollen nach dem Willen der Banken/ Sparkassen in erster Linie Produkte verkaufen, das Wohl der Kunden ist nachrangig. Jeder Berater und jede Filiale haben Verkaufsziele. Werden diese nicht erreicht, wird vom Vorgesetzten der Druck auf den Mitarbeiter und die Filiale erhöht. [1]
- Strategische Ausrichtung der Banken: Der Berater ist nicht nur angehalten generell viel zu verkaufen, sondern er hat sehr spezifische Verkaufsziele für einen bestimmten Zeitraum. Setzt die Bank im einem Monat/ Quartal z.B. den Fokus auf Bausparverträge, so müssen genau in diesem Zeitraum die gewünschte Anzahl/ Bausparsumme abgeliefert werden. [1]
- Zeitdruck: Bedingt durch den Verkaufsdruck hat der Berater wenig Zeit für ausführliche Gespräche. Manche Banken geben ihren Beratern sogar die Anzahl der pro Tag zu führenden Gespräche vor bzw. die Gesprächstermine entziehen sich fast komplett der Kontrolle des einzelnen Beraters, da sie von Call-Centern-Mitarbeitern direkt in seinen (elektronischen) Terminkalender eingestellt werden.
- Kompetenz: Jeder Bankberater soll neben kleineren Standardprodukten wie Sparverträgen und Kreditkarten vor allen Dingen Bausparverträge, Versicherungen, Wertpapiere und ggf. Baufinanzierungen verkaufen. Es ist unwahrscheinlich, dass eine einzelne Person in allen letztgenannten Bereichen über fundiertes Fachwissen verfügt. Die von der Bank früher durchgeführten Schulungen/ Seminare wurden durch Webinare ersetzt und dienen nicht mehr der Weiterbildung, sondern erfüllen nur noch den Zweck im Zweifelsfall nachweisen zu können, dass alle Mitarbeiter geschult wurden. Ergebnis egal.
- Sündenbock: Auch bei Krediten geht es nicht um gute Beratung, sondern um Verkauf. Die mittlerweile vermeintlich strikteren Kreditrichtlinien der Banken führen nicht zur Qualitätssteigerung des Kreditportfolios, sondern lediglich zur Verlagerung der Haftung auf den einzelnen Vertriebsmitarbeiter. Da der Verkaufsdruck generell geblieben ist, werden nun schlicht mehr Kredite vom Vertriebsteam passend gemacht: Bei Baufinanzierungen wird der Objektwert schöngerechnet, Einnahmen werden großzügig angesetzt, auf der Ausgabenseite kleinere Position „vergessen“, usw. Wenn das nicht ausreicht, votiert der Filialleiter aufgrund des "guten persönlichen Eindrucks" des Kunden mit seiner Unterschrift für eine positive Kreditentscheidung.
- Mangelnde Bereitschaft sich mit Finanzen zu befassen: Es wird immer wieder behauptet, dass Kunden Beratung wünschen. Diese Aussage ist für die Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland jedoch unzutreffend. [2]
- Mangelnde Bereitschaft Verantwortung zu übernehmen: Damit eine Beratung überhaupt sinnvoll ist, müssen von Kundenseite zwei Bedingungen erfüllt sein: der Kunde muss bereit sein, sich mit der Thematik grundsätzlich (nicht im Detail) auseinanderzusetzen und er muss bereit sein, eine Anlageentscheidung zu treffen und somit die Verantwortung für sein Investment zu übernehmen. Da dies mehrheitlich nicht der Fall ist, ist die „Beratung“ in Wirklichkeit meistens ein Verkaufsgespräch – mit dem Kunden in einer eher passiven Rolle: ihm wird etwas verkauft. [3]
- Mangelndes Vertrauen I: Aufgrund von jahrzehntelanger Fehlberatung der Kunden durch die Finanzindustrie (besonders offensichtlich nach dem Dotcom-Boom und der jüngsten Immobilien-/ Bankenkrise) ist das Vertrauen in die Beratung erheblich gestört. Dies ist durchaus berechtigt, da die Empfehlungen nachweislich oft nicht zu besseren Netto-Anlageergebnissen für den Kunden, sondern nur zu höheren Provisionseinnahmen der Bank führen. [4] [5]
- Mangelndes Vertrauen II: Die vom Berater gegebenen Empfehlungen werden oft nicht umgesetzt, da der Kunde nicht zwischen „guten“ (Fokus auf Kundeninteresse) und „schlechten“ (Provisionsgenerierung) Empfehlungen unterscheiden kann. [1] [3]
Neben des in Bezug auf Vollständigkeit, Einheitlichkeit und Verständlichkeit bestehenden Verbesserungsbedarfs des PRIB, stellt sich die Frage der generellen Sinnhaftigkeit dieses Vorgehens. Alle in dem Blatt gegebenen Informationen standen dem potentiellen Anleger auch früher schon zur Verfügung. Das Problem ist nicht fehlende Information, sondern die Bereitschaft des Kunden sich damit vertraut zu machen. Die eigentlichen Probleme werden durch die Einführung des Produktinformationsblattes in keiner Weise gelöst.
Auch die mittlerweile vorgeschriebenen Beratungsprotokolle und das im Jahr 2012 für Bankberater eingeführten Bafin-Registers resultiert nicht in mehr Qualität, sondern letztendlich in weniger Beratung. Fazit des Vorstandsvorsitzender der DWP Bank, Markus Walch: „Die Regulierungswelle hat definitiv dazu geführt, dass Beratung bei Aktiengeschäften nahezu nicht mehr stattfindet und somit der Anleger auf sich gestellt ist.“ Darüber hinaus wird entgegen der eigentlichen Intention letztendlich nicht die Rechtsposition des Kunden, sondern vielmehr die der Bank gestärkt. Diese hat mit dem Beratungsprotokoll nun ein Dokument mit Kundenunterschrift, welches besagt, dass sie den Kunden vollumfänglich über alle Risiken aufgeklärt hat.
Ein weiterer unerwünschter Nebeneffekt ist die Gefahr, dass uninformierte Anleger nun in der Hoffnung auf hohe Renditen und einer gefühlt kompetenten Beratung auf den Grauen Kapitalmarkt ausweichen und dort erst recht in risikoreiche Anlagen gedrängt werden.
Auf Seiten der Banken und Sparkassen reagiert man, wie es heute in „modernen“ Konzernen üblich ist: Nach außen hin versuchen die Institute das verlorengegangene Vertrauen der Kunden wiederzugewinnen indem sie sich als Beraterbank inszenieren und vorgeblich allein um das Kundenwohl besorgt sind. Gleichzeitig werden intern die Verkaufsziele und der Druck auf die Mitarbeiter weiter erhöht. Selbst bei den früher eher gemütlichen Sparkassen müssen die Mitarbeiter inzwischen mitunter täglich an ihren Vorgesetzten berichten. Die Entscheidungsfreiheit der einzelnen Mitarbeiter wurde mittlerweile meist abgeschafft – ihre Aufgabe besteht nur noch darin ein möglichst hohes Volumen des jeweils vorgegebenen Produkts schnell in den Markt zu drücken. [7]
Diese Vorgehensweise der Finanzinstitute ist ein trauriger Beweis dafür, dass diese nichts aus der jüngsten Finanzkrise gelernt haben. Sie versuchen weiterhin schnellen Ertrag zu generieren und ignorieren damit den Wunsch der Kunden nach fairer Beratung und langfristig orientierter Kundenbindung. Die logische Folge: Kunden verzichten auf die „Beratung“ durch Finanzinstitute. [8]
Für viele Bankmitarbeiter indes ist die verlogene Behandlung durch ihre Arbeitgeber kaum noch zu ertragen. Auf Probleme mit dem Verkaufsdruck angesprochen, wird von Seiten des Arbeitgebers auf die heute üblichen Alibi-Maßnahmen zur Gesundheitsvorsorge
hingewiesen. [7] Das Beispiel Deutsche Bank verdeutlicht wie die Realität aussieht: jeder 13. Angestellte leidet dort an Burn-Out. [9]
Stand: Februar 2014
[1] http://www.faz.net/aktuell/finanzen/strategie-trends/interview-ein-bankberater-packt-aus-16952.html
[2] http://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=1669015
[3] http://www.faz.net/aktuell/finanzen/strategie-trends/faz-net-spezial-geldanlage-muendige-anleger-17265.html
[4] http://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=1360440#
[5] http://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=1701777
[6] http://de.wikipedia.org/wiki/Produktinformationsblatt_(Finanzberatung) und http://www.zertifikateberater.de/downloads/2/561 (zweiseitiges .pdf)
[7] http://www.faz.net/aktuell/finanzen/meine-finanzen/sparen-und-geld-anlegen/nachrichten/bankberatung-der-druck-auf-die-anlageberater-waechst-12600264.html
[8] http://www.handelsblatt.com/unternehmen/banken/kein-vertrauen-kunden-geben-banken-schlechte-noten/8792488.html sowie
http://www.wiwo.de/unternehmen/banken/anlageentscheidungen-banken-verlieren-vertrauen-der-privatanleger-/9473566.html
[9] http://www.wiwo.de/erfolg/beruf/psychische-belastbarkeit-in-welchen-firmen-burn-out-oft-auftritt/6675034.html?slp=false&p=6&a=false#image
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