Mehrarbeit oder Überstunden leisten Arbeitnehmer nach allgemeinem Verständnis dann, wenn sie die gemäß Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag vereinbarte Arbeitszeit überschreiten.*
Laut Daten des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung lag die Wochenarbeitszeit eines Beschäftigten in Vollzeit im Schnitt bei knapp 38 Stunden. Im betreffenden Jahr 2016 wurden in Deutschland insgesamt über 1,7 Mrd. Überstunden geleistet, im Durchschnitt also rund 45 Überstunden pro Arbeitnehmer. Nach Angaben der Beschäftigten waren davon ca. 24 Stunden unbezahlt.
Datenbasis
Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung nutzt mehrere Datenquellen um die Zahl der geleisteten Überstunden zu ermitteln. Eine Quelle ist der Mikrozensus, dem zufolge die abhängig Beschäftigten im Jahr 2016 knapp 829 Millionen Stunden Mehrarbeit geleistet haben (mehrheitlich unbezahlt). Da die Frage nach Mehrarbeit und ihrer etwaigen Bezahlung aber erst seit dem Mikrozensus 2010 gestellt wird und die Angabe zudem freiwillig ist, ergeben sich mögliche Lücken in der Datenerhebung. Um diese zu kompensieren, werden Daten aus dem Sozio-ökonomischen Panel (SOEP) herangezogen. Im SOEP wird bereits seit dem Jahr 1984 regelmäßig nach Überstunden und deren Kompensation gefragt. Zusätzlich wird die ifo-Konjunkturbefragungen ausgewertet in welcher die Unternehmen selbst Auskunft über die bei ihnen geleisteten Überstunden geben.
Aus dem SOEP und Mikrozensus gewonnene Erkenntnisse zum Thema Überstunden:
Im Jahr 2016 erstellte die BAuA auf Basis einer repräsentativen Befragung von ca. 20 000 Erwerbstätigen in Deutschland erstmals einen Arbeitszeitreport. Im Jahr 2017 wurden erneut knapp 10 000 Beschäftigte befragt, darunter ca. 6 500 Teilnehmer der ersten Welle und mehr als 3 000 neue Befragte. Einige Ergebnisse der Befragung:
Erkenntnisse aus dem Arbeitszeitreport der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA)
Gründe für die Mehrarbeit
In der Befragung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin gaben rund ein Drittel der Personen mit mehr als zwei Überstunden pro Woche an, dass die Arbeit in der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit nicht zu schaffen sei. Ein weiteres Drittel sah sich aufgrund anderer betrieblicher Gründe oder betrieblicher Vorgaben (14 Prozent) zur Mehrarbeit gezwungen. Die Mehrheit der Beschäftigten arbeiteten also mehr als vereinbart, weil es ihrer (subjektiven) Ansicht nach nicht anders ging. Lediglich 15 Prozent leisteten hingegen Überstunden aus Spaß an der Arbeit. Gerade einmal fünf Prozent blieben zwecks Generierung von mehr Einkommen länger am Arbeitsplatz.
Fazit von Jutta Krellmann, MdB, Expertin für Arbeit und Mitbestimmung für DIE LINKE im Bundestag: "Überstunden schaden uns allen. Die einen arbeiten bis zum Umfallen, die anderen haben keine oder zu wenig Arbeit. Es würde über eine Million Vollzeit-Arbeitsplätze mehr geben, wenn die Beschäftigten keine Überstunden leisten müssten. Wir müssen nicht nur Reichtum, sondern auch Arbeit gerechter verteilen." [3]
Stand: Dezember 2018
* In rechtlichem Kontext wird Mehrarbeit auch definiert als die Arbeitszeit, welche über die in § 3 ArbZG festgelegte gesetzlich maximale regelmäßige Arbeitszeit von acht Stunden pro Tag oder 48 Stunden pro Woche hinausgeht.
[1] Arbeitszeitreport Deutschland 2016 https://www.baua.de/DE/Angebote/Publikationen/Berichte/F2398.html
[2] https://www.baua.de/DE/Angebote/Publikationen/Berichte/F2398-2.html (Seite 33)
[3] https://www.linksfraktion.de/themen/nachrichten/detail/ueber-eine-million-jobs-durch-17-milliarden-ueberstunden-vernichtet/
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Laut Daten des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung lag die Wochenarbeitszeit eines Beschäftigten in Vollzeit im Schnitt bei knapp 38 Stunden. Im betreffenden Jahr 2016 wurden in Deutschland insgesamt über 1,7 Mrd. Überstunden geleistet, im Durchschnitt also rund 45 Überstunden pro Arbeitnehmer. Nach Angaben der Beschäftigten waren davon ca. 24 Stunden unbezahlt.
Datenbasis
Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung nutzt mehrere Datenquellen um die Zahl der geleisteten Überstunden zu ermitteln. Eine Quelle ist der Mikrozensus, dem zufolge die abhängig Beschäftigten im Jahr 2016 knapp 829 Millionen Stunden Mehrarbeit geleistet haben (mehrheitlich unbezahlt). Da die Frage nach Mehrarbeit und ihrer etwaigen Bezahlung aber erst seit dem Mikrozensus 2010 gestellt wird und die Angabe zudem freiwillig ist, ergeben sich mögliche Lücken in der Datenerhebung. Um diese zu kompensieren, werden Daten aus dem Sozio-ökonomischen Panel (SOEP) herangezogen. Im SOEP wird bereits seit dem Jahr 1984 regelmäßig nach Überstunden und deren Kompensation gefragt. Zusätzlich wird die ifo-Konjunkturbefragungen ausgewertet in welcher die Unternehmen selbst Auskunft über die bei ihnen geleisteten Überstunden geben.
Aus dem SOEP und Mikrozensus gewonnene Erkenntnisse zum Thema Überstunden:
- Rund die Hälfte der Beschäftigten in Deutschland macht gar keine oder so gut wie keine Überstunden. [1]
- Es sind primär hochqualifizierte Vollzeitbeschäftigte wie z.B. angestellte Juristen die den Großteil der Überstunden leisten. Führungskräfte, Akademiker und hochspezialisierte Fachkräfte leisten gut 96 Prozent aller Überstunden.
- Die Gruppe der jungen Beschäftigten mit einem befristeten Arbeitsvertrag leistet ebenfalls tendenziell mehr Überstunden.
- Angestellte mit Führungsaufgaben geben die meisten unbezahlten Überstunden an.
- Überstunden sind in der Industrie häufiger als in anderen Wirtschaftsbereichen. Diese werden meist ausgezahlt.
- Bei Angestellten werden knapp zwei Drittel der Überstunden nicht bezahlt, bei den Arbeitern bleibt nur ein gutes Viertel unbezahlt. Im öffentlichen Dienst dagegen fallen vermeintlich die meisten unbezahlten Überstunden an.
Im Jahr 2016 erstellte die BAuA auf Basis einer repräsentativen Befragung von ca. 20 000 Erwerbstätigen in Deutschland erstmals einen Arbeitszeitreport. Im Jahr 2017 wurden erneut knapp 10 000 Beschäftigte befragt, darunter ca. 6 500 Teilnehmer der ersten Welle und mehr als 3 000 neue Befragte. Einige Ergebnisse der Befragung:
Erkenntnisse aus dem Arbeitszeitreport der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA)
- Männer leisten mit 4,5 Stunden pro Woche im Schnitt mehr Überstunden als Frauen mit durchschnittlich 3,2 Überstunden.
- Zudem ist Mehrarbeit unter Vollzeitbeschäftigten weiter verbreitet als unter Teilzeitbeschäftigten.
- Beim Vergleich der Altersgruppen zeigt sich, dass Beschäftigte im Alter von 15 bis 44 Jahren mit durchschnittlich 4,2 Überstunden tendenziell mehr Überstunden leisten als Beschäftigte ab 45 Jahren (3,5 Überstunden).
- Ebenso steigt die Wahrscheinlichkeit Überstunden zu leisten mit dem Bildungsniveau. [2]
Gründe für die Mehrarbeit
In der Befragung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin gaben rund ein Drittel der Personen mit mehr als zwei Überstunden pro Woche an, dass die Arbeit in der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit nicht zu schaffen sei. Ein weiteres Drittel sah sich aufgrund anderer betrieblicher Gründe oder betrieblicher Vorgaben (14 Prozent) zur Mehrarbeit gezwungen. Die Mehrheit der Beschäftigten arbeiteten also mehr als vereinbart, weil es ihrer (subjektiven) Ansicht nach nicht anders ging. Lediglich 15 Prozent leisteten hingegen Überstunden aus Spaß an der Arbeit. Gerade einmal fünf Prozent blieben zwecks Generierung von mehr Einkommen länger am Arbeitsplatz.
Fazit von Jutta Krellmann, MdB, Expertin für Arbeit und Mitbestimmung für DIE LINKE im Bundestag: "Überstunden schaden uns allen. Die einen arbeiten bis zum Umfallen, die anderen haben keine oder zu wenig Arbeit. Es würde über eine Million Vollzeit-Arbeitsplätze mehr geben, wenn die Beschäftigten keine Überstunden leisten müssten. Wir müssen nicht nur Reichtum, sondern auch Arbeit gerechter verteilen." [3]
Stand: Dezember 2018
* In rechtlichem Kontext wird Mehrarbeit auch definiert als die Arbeitszeit, welche über die in § 3 ArbZG festgelegte gesetzlich maximale regelmäßige Arbeitszeit von acht Stunden pro Tag oder 48 Stunden pro Woche hinausgeht.
[1] Arbeitszeitreport Deutschland 2016 https://www.baua.de/DE/Angebote/Publikationen/Berichte/F2398.html
[2] https://www.baua.de/DE/Angebote/Publikationen/Berichte/F2398-2.html (Seite 33)
[3] https://www.linksfraktion.de/themen/nachrichten/detail/ueber-eine-million-jobs-durch-17-milliarden-ueberstunden-vernichtet/
Tags: Präsenz Kultur Anwesenheitswahn Minder Leistung Arbeit Minus Über Stunden Mehr Arbeit Zeit Gesetz Vertrauen Arbeitszeit Arbeitnehmer Arbeitgeber Fürsorgepflicht Firmen Unternehmen Betriebe Deutsche Gewerkschaftsbund DGB Reiner Hoffmann Annelie Buntenbach Bundesagentur für Arbeit Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung Mikrozensus Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin BAuA IAB Sozio-ökonomischen Panel SOEP ifo- Institut