Eine im Jahr 2017 im New England Journal of Medicine veröffentlichte Datenauswertung des Institute for Health Metrics and Evaluation zeigte, dass weltweit mehr als zwei Milliarden Menschen übergewichtig oder gar fettleibig sind.
Gemäß der ausgewerteten Daten ist der Anteil fettleibiger Menschen im Zeitraum von 1980 bis 2015 in fast allen Ländern gestiegen. In mehr als 70 Ländern hat sich der Prozentsatz gar verdoppelt. Besonders stark war der Zuwachs des Anteils übergewichtiger Kinder. [1]
Der oft zur Bewertung herangezogene Body-Mass-Index kann als ungenau kritisiert werden und auch über die Definition von Übergewicht an sich sowie über mögliche negative gesundheitliche Folgen kann gestritten werden. Mittlerweile ist die Datenlage jedoch so eindeutig, dass ein generelles Problem nicht geleugnet werden kann: Weltweit, also auch in Deutschland, steigt die Prävalenz von Übergewicht und Adipositas im Kindes- und Jugendalter übermäßig an. Gemäß KKH Hannover zählt Adipositas inzwischen zu den häufigsten chronischen Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter. [2]
Je älter und je schwerer ein Kind ist, umso eher wird das Übergewicht auch im Erwachsenenalter bestehen bleiben. [3] Die Wahrscheinlichkeit von Folgeerscheinungen und Ausprägung bereits bestehender Komorbiditäten wie kardiovaskulären Risikofaktoren, z.B. Diabetes mellitus Typ 2, arterielle Hypertonie, Fettstoffwechselstörung bis hin zum Vollbild des metabolischen Syndroms, orthopädischen und psycho-sozialen Störungen erhöht sich signifikant [4].
Zudem ist Übergewicht im Kindesalter verbunden mit einer Reihe von negativen psychosozialen Folgen. So wird von stark übergewichtigen Kindern Bewegung bereits sehr früh als beschwerlich empfunden. Die negative Körpererfahrung resultiert in einem Vermeidungsverhalten. Die Vermeidung körperlicher Aktivität verstärkt das bestehende Problem jedoch zusätzlich.
Besonders problematisch sind auch demütigende Situation in denen das Kind dem Spott der Umwelt ausgesetzt wird. So werden Hänseleien beim Schulsport das ohnehin geringe Selbstwertgefühl weiter reduzieren.
Neben erlittenen Demütigungen, Diskriminierungserfahrungen und einem gestörten Körpergefühl wird das Kind wahrscheinlich auch ein gestörtes Verhältnis zu Lebensmitteln entwickeln. Generelle Schuldgefühle bei Nahrungsaufnahme sowie Frustessen zur Kompensation von Scham, etc. werden das Kind schon in jungen Jahren für eine Essstörung anfällig machen.
Regelmäßig Ausgrenzung zu erfahren, schwächt nicht nur das Selbstwertgefühl und mindert ganz allgemein die Lebensqualität, sondern kann auch zu psychischen Erkrankungen wie Ängsten oder Depressionsstörungen führen. Mehr noch: Bei bestehendem Übergewicht schon in jungen Jahren, weiß das Kind gar nicht wie sich ein normaler Körper überhaupt anfühlt. In seiner gelebten Realität war es schon immer dick. Körperliche Aktivität war schon immer beschwerlich, Bewegung schon immer kein Spaß, sondern eine Qual.
Darüber hinaus wirkt sich das hohe Körpergewicht anscheinend indirekt auch auf die Schulnoten aus. Eine Auswertung der Daten des Kinder- und Jugendgesundheitssurveys des Robert-Koch-Instituts sowie des Mikrozensus 2009 durch das WZB (Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung) ergab dass die Wahrscheinlichkeit, die Note 1 oder 2 zu bekommen, bei übergewichtigen Kindern um ca. zehn Prozent geringer ist als bei ihren normalgewichtigen Mitschülern. Als Ursache wird hierfür nicht eine objektiv schlechtere Leistung vermutet, sondern eher geringes Selbstvertrauen. Kinder, die sich nichts zutrauen, melden sich seltener und arbeiten vor allem im Unterricht mündlich weniger mit – was sich dann natürlich auf die Schulnote auswirkt. [5]
Während das Robert-Koch-Institut in seinem Adipositas Monitoring politisch korrekt schwadroniert, dass „die Ursachen von Adipositas im Kindes- und Jugendalter vielfältig [seien] und sich nicht auf das individuelle Ernährungs- und Bewegungsverhalten reduzieren [ließen]“, ist für Dr. Anja Luci, Ernährungsexpertin der KKH, die Ursache klar: Zu den Hauptgründen zählt eine falsche, zu fettreiche, kalorienreiche und zuckerhaltige Ernährung. [2]
In Kombination mit dem inzwischen auch bei Kindern weit verbreiteten Bewegungsmangel, ergibt sich schlicht eine zu hohe Kalorienaufnahme. Die unverhältnismäßigen Maßnahmen während der Corona-Pandemie haben die Situation drastisch verschärft. Online Unterricht mit stundenlangem Sitzen vor dem heimischen Computer, fehlender Sportunterricht, kein Vereinssport, und kaum Treffen mit Freunden, schufen nicht nur eine neue Dimension des Bewegungsmangels, sondern etablierte bei vielen Kindern und Jugendlichen auch ungesunde Gewohnheiten. Insbesondere die insgesamt vorm Bildschirm verbrachte Zeit stieg stark an.
Versagen der Mutter
Mütter leisten eigenen Angaben zufolge den Großteil der Erziehungsarbeit. Die Vernachlässigung der Kinder ist somit primär ein Versagen der Mutter. Insofern überrascht es nicht, dass statistisch tatsächlich ein direkter Zusammenhang zwischen (unzureichend stattfindender) mütterlicher Erziehungsarbeit und Übergewicht des Kindes besteht. [6]
Übergewichtige Eltern bedeuten für das Kind eine höheren Wahrscheinlichkeit selbst übergewichtig zu sein. Allerdings ist nicht die genetische Veranlagung entscheidend, sondern vielmehr die familiäre Lebensform und die damit verbundene Verhaltensprägung. Bildungsferne, sozial schwache Familien haben oft nur mangelhafte Kenntnisse über gesundere Ernährung, weniger Geld für den Einkauf hochwertiger Lebensmittel und auch kaum Zeit diese entsprechend zuzubereiten.
Und auch das Gewicht der Mutter bei der Geburt des Kindes kann sich schon negativ auf das Kind auswirken: Bei adipösen Schwangeren steigt nicht nur die Wahrscheinlichkeit direkter Komplikationen bei der Geburt, sondern auch das Risiko ihrer Kinder, selbst später an Übergewicht und damit verbundenen Krankheiten zu leiden. [7]
Stand: Januar 2023
[1] Health Effects of Overweight and Obesity https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/nejmoa1614362
[2] Immer mehr übergewichtige Kinder https://www.kkh.de/presse/pressemeldungen/adipositas
[3] Acceleration of BMI in Early Childhood and Risk of Sustained Obesity https://doi.org/10.1056/nejmoa1803527
[4] Accelerator hypothesis relationship between weight, height, body mass index and age https://link.springer.com/article/10.1007/s00103-003-0795-y
[5] https://www.wzb.eu/de/pressemitteilung/fettleibigkeit-beeintraechtigt-schulerfolg
[6] Parents labor supply and childhood obesity https://doi.org/10.1016/j.ehb.2020.100897
[7] Obesity in Pregnancy https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMra1801040
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Gemäß der ausgewerteten Daten ist der Anteil fettleibiger Menschen im Zeitraum von 1980 bis 2015 in fast allen Ländern gestiegen. In mehr als 70 Ländern hat sich der Prozentsatz gar verdoppelt. Besonders stark war der Zuwachs des Anteils übergewichtiger Kinder. [1]
Der oft zur Bewertung herangezogene Body-Mass-Index kann als ungenau kritisiert werden und auch über die Definition von Übergewicht an sich sowie über mögliche negative gesundheitliche Folgen kann gestritten werden. Mittlerweile ist die Datenlage jedoch so eindeutig, dass ein generelles Problem nicht geleugnet werden kann: Weltweit, also auch in Deutschland, steigt die Prävalenz von Übergewicht und Adipositas im Kindes- und Jugendalter übermäßig an. Gemäß KKH Hannover zählt Adipositas inzwischen zu den häufigsten chronischen Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter. [2]
Je älter und je schwerer ein Kind ist, umso eher wird das Übergewicht auch im Erwachsenenalter bestehen bleiben. [3] Die Wahrscheinlichkeit von Folgeerscheinungen und Ausprägung bereits bestehender Komorbiditäten wie kardiovaskulären Risikofaktoren, z.B. Diabetes mellitus Typ 2, arterielle Hypertonie, Fettstoffwechselstörung bis hin zum Vollbild des metabolischen Syndroms, orthopädischen und psycho-sozialen Störungen erhöht sich signifikant [4].
Zudem ist Übergewicht im Kindesalter verbunden mit einer Reihe von negativen psychosozialen Folgen. So wird von stark übergewichtigen Kindern Bewegung bereits sehr früh als beschwerlich empfunden. Die negative Körpererfahrung resultiert in einem Vermeidungsverhalten. Die Vermeidung körperlicher Aktivität verstärkt das bestehende Problem jedoch zusätzlich.
Besonders problematisch sind auch demütigende Situation in denen das Kind dem Spott der Umwelt ausgesetzt wird. So werden Hänseleien beim Schulsport das ohnehin geringe Selbstwertgefühl weiter reduzieren.
Neben erlittenen Demütigungen, Diskriminierungserfahrungen und einem gestörten Körpergefühl wird das Kind wahrscheinlich auch ein gestörtes Verhältnis zu Lebensmitteln entwickeln. Generelle Schuldgefühle bei Nahrungsaufnahme sowie Frustessen zur Kompensation von Scham, etc. werden das Kind schon in jungen Jahren für eine Essstörung anfällig machen.
Regelmäßig Ausgrenzung zu erfahren, schwächt nicht nur das Selbstwertgefühl und mindert ganz allgemein die Lebensqualität, sondern kann auch zu psychischen Erkrankungen wie Ängsten oder Depressionsstörungen führen. Mehr noch: Bei bestehendem Übergewicht schon in jungen Jahren, weiß das Kind gar nicht wie sich ein normaler Körper überhaupt anfühlt. In seiner gelebten Realität war es schon immer dick. Körperliche Aktivität war schon immer beschwerlich, Bewegung schon immer kein Spaß, sondern eine Qual.
Darüber hinaus wirkt sich das hohe Körpergewicht anscheinend indirekt auch auf die Schulnoten aus. Eine Auswertung der Daten des Kinder- und Jugendgesundheitssurveys des Robert-Koch-Instituts sowie des Mikrozensus 2009 durch das WZB (Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung) ergab dass die Wahrscheinlichkeit, die Note 1 oder 2 zu bekommen, bei übergewichtigen Kindern um ca. zehn Prozent geringer ist als bei ihren normalgewichtigen Mitschülern. Als Ursache wird hierfür nicht eine objektiv schlechtere Leistung vermutet, sondern eher geringes Selbstvertrauen. Kinder, die sich nichts zutrauen, melden sich seltener und arbeiten vor allem im Unterricht mündlich weniger mit – was sich dann natürlich auf die Schulnote auswirkt. [5]
Während das Robert-Koch-Institut in seinem Adipositas Monitoring politisch korrekt schwadroniert, dass „die Ursachen von Adipositas im Kindes- und Jugendalter vielfältig [seien] und sich nicht auf das individuelle Ernährungs- und Bewegungsverhalten reduzieren [ließen]“, ist für Dr. Anja Luci, Ernährungsexpertin der KKH, die Ursache klar: Zu den Hauptgründen zählt eine falsche, zu fettreiche, kalorienreiche und zuckerhaltige Ernährung. [2]
In Kombination mit dem inzwischen auch bei Kindern weit verbreiteten Bewegungsmangel, ergibt sich schlicht eine zu hohe Kalorienaufnahme. Die unverhältnismäßigen Maßnahmen während der Corona-Pandemie haben die Situation drastisch verschärft. Online Unterricht mit stundenlangem Sitzen vor dem heimischen Computer, fehlender Sportunterricht, kein Vereinssport, und kaum Treffen mit Freunden, schufen nicht nur eine neue Dimension des Bewegungsmangels, sondern etablierte bei vielen Kindern und Jugendlichen auch ungesunde Gewohnheiten. Insbesondere die insgesamt vorm Bildschirm verbrachte Zeit stieg stark an.
Versagen der Mutter
Mütter leisten eigenen Angaben zufolge den Großteil der Erziehungsarbeit. Die Vernachlässigung der Kinder ist somit primär ein Versagen der Mutter. Insofern überrascht es nicht, dass statistisch tatsächlich ein direkter Zusammenhang zwischen (unzureichend stattfindender) mütterlicher Erziehungsarbeit und Übergewicht des Kindes besteht. [6]
Übergewichtige Eltern bedeuten für das Kind eine höheren Wahrscheinlichkeit selbst übergewichtig zu sein. Allerdings ist nicht die genetische Veranlagung entscheidend, sondern vielmehr die familiäre Lebensform und die damit verbundene Verhaltensprägung. Bildungsferne, sozial schwache Familien haben oft nur mangelhafte Kenntnisse über gesundere Ernährung, weniger Geld für den Einkauf hochwertiger Lebensmittel und auch kaum Zeit diese entsprechend zuzubereiten.
Und auch das Gewicht der Mutter bei der Geburt des Kindes kann sich schon negativ auf das Kind auswirken: Bei adipösen Schwangeren steigt nicht nur die Wahrscheinlichkeit direkter Komplikationen bei der Geburt, sondern auch das Risiko ihrer Kinder, selbst später an Übergewicht und damit verbundenen Krankheiten zu leiden. [7]
Stand: Januar 2023
[1] Health Effects of Overweight and Obesity https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/nejmoa1614362
[2] Immer mehr übergewichtige Kinder https://www.kkh.de/presse/pressemeldungen/adipositas
[3] Acceleration of BMI in Early Childhood and Risk of Sustained Obesity https://doi.org/10.1056/nejmoa1803527
[4] Accelerator hypothesis relationship between weight, height, body mass index and age https://link.springer.com/article/10.1007/s00103-003-0795-y
[5] https://www.wzb.eu/de/pressemitteilung/fettleibigkeit-beeintraechtigt-schulerfolg
[6] Parents labor supply and childhood obesity https://doi.org/10.1016/j.ehb.2020.100897
[7] Obesity in Pregnancy https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMra1801040
Tags: Kinder Jugendliche Übergewicht Fettleibigkeit Adipositas Pandemie Corona Covid Lockdown Bewegungsmangel Nationales Qualitätszentrum für Ernährung in Kita und Schule NQZ Tag der Schulverpflegung Bundeszentrum für Ernährung Gesundheit Fehlernährung psychische Probleme ADHS Eltern Mutter Kind Vernachlässigung KKH Christine Joisten Adipositas im Kindesalter KIGGS Robert Koch-Institut RKI