Im theoretischen Idealfall dämmt eine internationale Steuer auf sämtliche Finanztransaktionen die kurzfristige Spekulation, z.B. auf minimale Kursschwankungen einzelner Werte an verschiedenen Börsenplätzen (sogenannte Arbitragegeschäfte) ein, ohne die langfristig orientierten, auf realwirtschaftlichen Fakten basierenden Investments zu beeinträchtigen.
Die durch eine Finanztransaktionssteuer entstehenden Kosten machen margenarme Spekulationsgeschäfte unattraktiv, fallen aber bei langfristigen Investments kaum ins Gewicht. Die Steuer macht also einen Teil der Finanzgeschäfte unrentabel und hat daher eine Reduzierung des Handelsvolumens an den Börsen zur Folge. Dieser Effekt ist bis zu einem gewissen Umfang durchaus gewollt, kann aber im Nebeneffekt auch ein zu starkes Absinken der Liquidität bewirken. Ist die Liquidität an den Börsen insgesamt zu niedrig, kann dies zu erhöhter Volatilität (Kursschwankungen) und damit letztendlich zu einer unbeabsichtigten Erhöhung des Risikos von Finanzgeschäften führen.
Schweden führte im Jahr 1985 eine Börsenumsatzsteuer ein. Anstelle der geschätzten Einnahmen von umgerechnet jährlich 165 Mio. Euro wurden aber lediglich ca. 9 Mio. Euro erlöst. Der Grund dafür war der Zusammenbruch der Handelsumsätze um ca. 85 % bei festverzinslichen Wertpapieren und des Terminhandel mit Futures und Optionen auf nahezu Null. Im Jahr 1992 wurde die Steuer wieder abgeschafft. Auch in anderen Ländern wurden die Börsenumsatzsteuern meist kurz nach Einführung wieder abgeschafft. [1]
Die gescheiterten Versuche vieler Länder bei der Einführung einer Finanztransaktionssteuer haben gezeigt, dass eine solche Steuer -wenn überhaupt- nur dann funktionieren kann, wenn sie alle Wertpapiergeschäfte sowie Börsenplätze umfasst. Ansonsten weichen Investoren schlicht auf andere Anlagegattungen oder Börsenplätze aus.
Trotz dieser offensichtlichen Bedingungen hat Frankreich im August des Jahres 2012 im Alleingang wieder eine Steuer auf alle Aktienkäufe von französischen Gesellschaften mit einen Börsenwert von mindestens einer Milliarde Euro eingeführt. Laut Angaben der Börse NYSE Euronext fiel das Handelsvolumen mit französischen Aktien in den ersten drei Quartalen des Jahres 2013 um ca. 20% hinter jene Aktien zurück, die nicht von der Steuer betroffen sind. Die Anleger weichen zudem vielfach auf die nicht von der Steuer erfassten Derivate aus. Frankreich erzielt mit dieser dilettantischen Maßnahme also nicht nur weniger Steuerannahmen als erhofft, sondern treibt Investoren gleichzeitig aus vergleichsweise soliden Aktien in tendenziell spekulative Derivate.
Einen ähnlichen Weg gehen nun zehn Euroländern (Deutschland, Österreich, Belgien, Estland, Griechenland, Frankreich, Italien, Portugal, Spanien, Slowakei). Sie haben sich im Mai 2014 darauf verständigt, eine Börsenumsatzsteuer auf Aktien und einige davon abgeleitete Derivate einzuführen. Ab dem Jahr 2016 sollen Geschäfte mit Aktien und bestimmten Derivaten beim Handel an der Börse mit einer Steuer belegt werden, wobei aktuell ein Satz von 0,1% beim Handel mit Aktien und 0,01% bei den Derivaten geplant sind. Da die Aktien und Derivate jedoch nur einen kleinen Teil aller an den Finanzmärkten täglich gehandelten Produkte darstellen, soll mit einem Stufenplan die Besteuerung der Finanzgeschäfte sukzessive ausgeweitet werden.
Drei Argumente warum diese Regelung wirkungslos bis schädlich wäre:
Der Ökonom Stefan Thurner kommt zu dem Schluss, dass die Finanztransaktionsteuer in der aktuellen Form zu Liquiditätsverlust, höheren Kreditkosten und Produktivitätseinbrüchen führt und schlägt statt dessen eine Systemic Risk Tax vor. Diese würde die Transaktionen nicht pauschal besteuern, sondern entsprechend nach ihrem Risiko gestaffelt. [3]
In der Bevölkerung findet die Finanztransaktionssteuer auch in Deutschland breite Unterstützung, da sie von der Politik und Gruppen wie Attac als wirksames Mittel gegen böse Spekulanten vermarktet wird. Abgesehen davon, dass die Steuer in Wahrheit zusätzliche Anreize zu noch riskanteren Spekulationen liefert, dürfte vielen Bürgern nicht bewusst sein, dass bei konsequenter Umsetzung auch alle Produkte der privaten Altersvorsorge von der Steuer betroffen wären. Egal ob es sich dabei um Direktinvestments in Aktien, Anleihen und Investmentfonds oder um eine indirekte Kapitalanlage durch Lebensversicherungen handelt. Und: je mehr Handelspartner (Fondsgesellschaften, Banken und Börsen) an den Transaktionen beteiligt sind und je häufiger umgeschichtet wird, desto höher wäre die Steuerlast. [2]
Stand: November 2014
[1] In Luxemburg im Jahr 1987, in Spanien 1988, in den Niederlanden 1990, in Dänemark und Japan 1999, in Österreich durch das Kapitalmarktoffensive-Gesetz im Jahr 2000 und in Frankreich und Italien in 2008.
[2] http://www.welt.de/finanzen/geldanlage/article118183044/Finanztransaktionssteuer-trifft-Kleinsparer-hart.html
[3] http://www.sueddeutsche.de/geld/mehr-stabilitaet-fuer-finanzmaerkte-die-bessere-steuer-1.2235114
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Die durch eine Finanztransaktionssteuer entstehenden Kosten machen margenarme Spekulationsgeschäfte unattraktiv, fallen aber bei langfristigen Investments kaum ins Gewicht. Die Steuer macht also einen Teil der Finanzgeschäfte unrentabel und hat daher eine Reduzierung des Handelsvolumens an den Börsen zur Folge. Dieser Effekt ist bis zu einem gewissen Umfang durchaus gewollt, kann aber im Nebeneffekt auch ein zu starkes Absinken der Liquidität bewirken. Ist die Liquidität an den Börsen insgesamt zu niedrig, kann dies zu erhöhter Volatilität (Kursschwankungen) und damit letztendlich zu einer unbeabsichtigten Erhöhung des Risikos von Finanzgeschäften führen.
Schweden führte im Jahr 1985 eine Börsenumsatzsteuer ein. Anstelle der geschätzten Einnahmen von umgerechnet jährlich 165 Mio. Euro wurden aber lediglich ca. 9 Mio. Euro erlöst. Der Grund dafür war der Zusammenbruch der Handelsumsätze um ca. 85 % bei festverzinslichen Wertpapieren und des Terminhandel mit Futures und Optionen auf nahezu Null. Im Jahr 1992 wurde die Steuer wieder abgeschafft. Auch in anderen Ländern wurden die Börsenumsatzsteuern meist kurz nach Einführung wieder abgeschafft. [1]
Die gescheiterten Versuche vieler Länder bei der Einführung einer Finanztransaktionssteuer haben gezeigt, dass eine solche Steuer -wenn überhaupt- nur dann funktionieren kann, wenn sie alle Wertpapiergeschäfte sowie Börsenplätze umfasst. Ansonsten weichen Investoren schlicht auf andere Anlagegattungen oder Börsenplätze aus.
Trotz dieser offensichtlichen Bedingungen hat Frankreich im August des Jahres 2012 im Alleingang wieder eine Steuer auf alle Aktienkäufe von französischen Gesellschaften mit einen Börsenwert von mindestens einer Milliarde Euro eingeführt. Laut Angaben der Börse NYSE Euronext fiel das Handelsvolumen mit französischen Aktien in den ersten drei Quartalen des Jahres 2013 um ca. 20% hinter jene Aktien zurück, die nicht von der Steuer betroffen sind. Die Anleger weichen zudem vielfach auf die nicht von der Steuer erfassten Derivate aus. Frankreich erzielt mit dieser dilettantischen Maßnahme also nicht nur weniger Steuerannahmen als erhofft, sondern treibt Investoren gleichzeitig aus vergleichsweise soliden Aktien in tendenziell spekulative Derivate.
Einen ähnlichen Weg gehen nun zehn Euroländern (Deutschland, Österreich, Belgien, Estland, Griechenland, Frankreich, Italien, Portugal, Spanien, Slowakei). Sie haben sich im Mai 2014 darauf verständigt, eine Börsenumsatzsteuer auf Aktien und einige davon abgeleitete Derivate einzuführen. Ab dem Jahr 2016 sollen Geschäfte mit Aktien und bestimmten Derivaten beim Handel an der Börse mit einer Steuer belegt werden, wobei aktuell ein Satz von 0,1% beim Handel mit Aktien und 0,01% bei den Derivaten geplant sind. Da die Aktien und Derivate jedoch nur einen kleinen Teil aller an den Finanzmärkten täglich gehandelten Produkte darstellen, soll mit einem Stufenplan die Besteuerung der Finanzgeschäfte sukzessive ausgeweitet werden.
Drei Argumente warum diese Regelung wirkungslos bis schädlich wäre:
- Es wird nur besteuert, wo gehandelt wird. Sobald der Handel außerhalb der von der Finanztransaktionssteuer betroffenen Handelsplätze stattfindet, ist das Geschäft nicht steuerpflichtig. Da London mit weitem Abstand Europas größter Finanzplatz ist, ist eine Finanztransaktionssteuer ohne Einbezug von Großbritannien wirkungslos.
- Für den Finanzplatz London wäre es ein lohnendes Geschäft dem Rest von Europa zu helfen die Steuer zu umgehen. Die Politik schafft mit ihrer Inkompetenz einen neuen Markt. Finanzjournalist Nick Dunbar: „Abhängig vom Wortlaut der Gesetze werden Anwälte und Banker versuchen, legale Vermeidungsstrategien zu entwickeln und diese in ganz Europa zu verkaufen.“
- Die im Vergleich zu Aktien geringere Besteuerung der Derivate macht letztere attraktiver. Der Staat setzt Fehlanreize wenn die Investitionen in reale Sachwerte wie Aktien steuerlich unvorteilhafter sind als die Spekulation mit Finanzmarktinstrumenten.
Der Ökonom Stefan Thurner kommt zu dem Schluss, dass die Finanztransaktionsteuer in der aktuellen Form zu Liquiditätsverlust, höheren Kreditkosten und Produktivitätseinbrüchen führt und schlägt statt dessen eine Systemic Risk Tax vor. Diese würde die Transaktionen nicht pauschal besteuern, sondern entsprechend nach ihrem Risiko gestaffelt. [3]
In der Bevölkerung findet die Finanztransaktionssteuer auch in Deutschland breite Unterstützung, da sie von der Politik und Gruppen wie Attac als wirksames Mittel gegen böse Spekulanten vermarktet wird. Abgesehen davon, dass die Steuer in Wahrheit zusätzliche Anreize zu noch riskanteren Spekulationen liefert, dürfte vielen Bürgern nicht bewusst sein, dass bei konsequenter Umsetzung auch alle Produkte der privaten Altersvorsorge von der Steuer betroffen wären. Egal ob es sich dabei um Direktinvestments in Aktien, Anleihen und Investmentfonds oder um eine indirekte Kapitalanlage durch Lebensversicherungen handelt. Und: je mehr Handelspartner (Fondsgesellschaften, Banken und Börsen) an den Transaktionen beteiligt sind und je häufiger umgeschichtet wird, desto höher wäre die Steuerlast. [2]
Stand: November 2014
[1] In Luxemburg im Jahr 1987, in Spanien 1988, in den Niederlanden 1990, in Dänemark und Japan 1999, in Österreich durch das Kapitalmarktoffensive-Gesetz im Jahr 2000 und in Frankreich und Italien in 2008.
[2] http://www.welt.de/finanzen/geldanlage/article118183044/Finanztransaktionssteuer-trifft-Kleinsparer-hart.html
[3] http://www.sueddeutsche.de/geld/mehr-stabilitaet-fuer-finanzmaerkte-die-bessere-steuer-1.2235114
Tags: Tobin Börsen Umsatz Abgabe Stempel Kapitalverkehr Wertpapier Finanz Tansaktionen Steuer FFT Anleihen Aktien Fonds Stamp duty reserve tax London Großbritannien Schweden Schweiz Frankreich Arbitrage Effizienz Handel Börse Volumen Spekulation Future Optionen Put Call Derivate Contracts for Difference CFD Zertifikate Finanz Geschäfte Liquidität Volatilität Systemic Risk Tax